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„… in besonderer Weise verdient gemacht“

Bulat Atabajew – das andere Kasachstan
„… in besonderer Weise verdient gemacht“ Bulat Atabajew im ORNIS-Gespräch
Foto: Barbara Geier

Das dürfte die Regierung Kasachstans so nicht geplant haben: Ohne die willkürliche Verhaftung des Theaterregisseurs Bulat Atabajew und die internationalen Reaktionen hätte dessen Aufenthalt in Deutschland wohl weniger Aufmerksamkeit erhalten. Auch wäre das Drama der kasachischen Ölarbeiter kaum beachtet worden.

Berlin, im August 2012 – Als Bulat Atabajew in einer entlegenen Hafenstadt am Kaspischen Meer gefangen gehalten wurde und sich ein weltweiter Proteststurm  erhob, herrschte unter den Funktionären der deutschen Minderheit in Kasachstan betretenes Schweigen. Auch im Deutschen Haus in Almaty, ebenso bei der Gesellschaft „Wiedergeburt“. Dabei haben die Deutschen Kasachstans dem 61-Jährigen viel zu verdanken. Nur einer erhob seine Stimme zum Protest: der Schriftsteller und Atabajews Weggefährte Herold Belger.
 

Dafür zollt der kasachische Theaterregisseur seinem russlanddeutschen Freund aus Almaty Respekt und Dankbarkeit. Und wozu über die Haltung der Amtsträger in den deutschstämmigen Organisationen enttäuscht sein, fragt Atabajew im ORNIS-Gespräch. Im heutigen Kasachstan – Atabajew spricht von einer autoritären Monarchie – herrsche ein Klima der Angst. In einem Land ohne Zivilgesellschaft könne Zivilcourage nur der Ausnahmefall sein.

Derzeit hält sich der Theatermann in Deutschland auf, weil ihm das Goethe-Institut die diesjährige Goethe-Medaille verleihen wird. Die Auszeichnung ehrt Personen, die sich in besonderer Weise um die deutsche Sprache und den internationalen Kulturaustausch verdient gemacht haben. Das Goethe-Institut war es auch, das vor zwei Monaten die Verhaftung Atabajews publik gemacht hat.


An einem Morgen Mitte Juni war der Regierungskritiker vor seinem Haus in Almaty verhaftet und gleich darauf in das knapp dreitausend Kilometer entfernte Aktau transportiert worden. Seit Monaten hatte sich Atabajew stark gemacht für die Arbeiter in der westkasachischen Erdölindustrie, die für bessere Löhne und menschliche Arbeitsbedingungen streikten. Im Dezember vergangenen Jahres hatten sich die Auseinandersetzungen zugespitzt, die Polizei erschoss 13 Personen, rund hundert wurden verletzt.


Mit seiner solidarischen Haltung hatte sich Atabajew Hochachtung im Ausland und den erneuten Hass der kasachischen „Monarchie“ des allmächtigen Präsidenten Nursultan Nasarbajew zugezogen. Als er verhaftet wurde, hatte er sich zuvor einer gerichtlichen Vorladung widersetzt. Die Behörden erwarteten offenbar Aussagen zu Lasten der Organisatoren der Streiks und ihrer Ratgeber und hatten durchblicken lassen, ihn als Gegenleistung vor weiterer Verfolgung zu bewahren.


Der gesundheitlich angeschlagene Theatermann hatte mit seiner Verhaftung nicht zuletzt auch eine riskante Inszenierung gewagt, um auf die desolate Lage im Erdölsektor aufmerksam zu machen. Und er hat gewonnen. Nach Protesten aus zahlreichen Ländern der Erde, auch aus Russland, wurde Bulat Atabajew aus dem Gefängnis in Aktau entlassen.

Wie kein anderer hat der Künstler, der in russlanddeutscher Umgebung aufgewachsen ist und in Leipzig Deutsch studiert hat, das Bühnenleben der deutschen Minderheit Kasachstans geprägt. 1980 war das Deutsche Theater in der Stadt Termitau gegründet worden, die erste und einzige deutschsprachige Bühne in der Sowjetunion. Im Gespräch erinnert sich der Regisseur noch immer wortreich an die Anfangszeit. Für die russlanddeutschen Schauspieler bedeutete die Bühne nach den Erfahrungen von Deportation, Repression und Zwangsarbeit vor allem, ein Stück kultureller Autonomie zurückzugewinnen.

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Somit, sagt Atabajew, hatte das Deutsche Theater, das 1990 in die damalige Hauptstadt Almaty umzog, unter seiner Leitung auch immer eine politische Funktion, argwöhnisch beäugt von Staat und Staatssicherheit. Als nach dem Ende der Sowjetunion die Deutschen Kasachstans in großer Zahl das Land verließen – überwiegend in Richtung Deutschland, aber auch nach Russland – begannen für das Deutsche Theater schwierige Zeiten. Auch die Mehrheit der Schauspieler siedelte nach Deutschland aus. Und Atabajew verließ die deutsche Bühne, denn „ich hatte Angst, noch zum Totengräber des Theaters zu werden“.

Rückblickend war die Arbeit für Atabajew eine besonders prägende Zeit: „Das Deutsche Theater hat mich erst zum Regisseur gemacht“, bekennt er. Und so liegt es nahe, dass es während seines Aufenthaltes in Deutschland noch zu einer besonderen Begegnung kommen wird. Bulat Atabajew wird Ende August mit seinen Schauspielerkollegen aus gemeinsamen Jahren im Deutschen Theater Almaty zusammentreffen. (Ulrich Stewen)
 
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