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Russland: Abbau der Bürgerrechte geht weiter

Neue Gesetze attackieren die Zivilgesellschaft
Russland: Abbau der Bürgerrechte geht weiter Foto: Memorial

"Ausländische Agenten" haben Unbekannte kürzlich neben den Eingang zu den Räumen der Menschenrechtsorganisation Memorial in Moskau gesprüht (siehe Bild links). Die Saat geht auf. Die russische Regierung verstärkt die Pressionen gegen unliebsame Bürgervereinigungen. Kein Anlass, die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Gruppen zu bremsen. Im Gegenteil, meint Stefan Melle.

Von Stefan Melle

Mit einem weiteren Gesetzentwurf will die russische Regierung die Kontrolle über Nichtregierungsorganisationen (NGO) im Land weiter verstärken. Laut dem Entwurf des Justizministeriums, der am 29. Januar bekannt wurde, sollen künftig sämtliche NGOs mit unangekündigten Überprüfungen überzogen werden können, sobald irgendein Bürger, ein Pressevertreter, eine Behörde oder Institution den Verdacht von extremistischer Tätigkeit gegen sie erhebt.

                                                                                                                                        Die geplante Regelung würde den Raum für beliebige Angriffe gegen NGOs eröffnen, zumal solche Überprüfungen in Russland häufig die gesamte Arbeit von Organisationen paralysieren. Damit würden die Verschärfungen auf alle registrierten Bürgerorganisationen ausgeweitet. Bisher waren sie nur gegen NGOs gerichtet, die Fördergelder aus dem Ausland erhalten und zudem einer sogenannten „politischen Tätigkeit“ nachgehen und die sich in diesem Falle seit dem 20.11.2012 als „ausländische Agenten“ registrieren lassen müssen.

Der von höchster politischer Ebene betriebene Abbau der Bürgerrechte in Russland schreitet damit weiter voran. Er zielt auf eine weitgehende Gleichrichtung der gesellschaftlichen Kräfte - dominiert von einem Verständnis monopolistischen Machterhalts und Ressourcenzugangs sowie einer Ideologie, die auf nationalistischen und teilweise extrem konservativen gesellschaftlichen Werten fußt.
"Der Zynismus und Durch- setzungswahn Einzelner in dem Machtgefüge setzt sich fast keine Grenzen mehr."

Zu diesem Prozess gehört ebenso das am 25. Januar in der Duma in erster Lesung beschlossene Gesetz gegen „Propaganda von Homosexualität“, das im Kern die Diskriminierung sexueller Minderheiten festschreibt, und das abstruse Gesetz gegen Adoptionen russischer Kinder durch US-Amerikaner von Ende Dezember.

Es enthielt, international kaum bemerkt, auch weitere Restriktionen für russische NGOs im Falle der Finanzierung durch US-amerikanische Förderer und sogar ein Beteiligungsverbot von Russ/innen mit doppelter Staatsbürgerschaft an NGOs in Russland - deutlich gerichtet gegen Ludmila Alexejeva, die bekannte Menschenrechtlerin, die aufgrund ihrer Ausbürgerung in der Sowjetzeit auch die US-Staatsbürgerschaft besitzt. Im Kampf gegen Andersdenkende ist das russische Parlament mittlerweile bei Gesetzen gegen einzelne Bürger/innen angekommen.

Vom Ausland ist das kaum noch zu beeinflussen, der Zynismus und Durchsetzungswahn Einzelner in dem Machtgefüge setzt sich fast keine Grenzen mehr. Aber es ist die Aufgabe aller, die an Russland interessiert sind und mit dem Land kooperieren, diese Probleme öffentlich zu machen und kritisch Position zu beziehen. Und dennoch ihre Arbeit zur Kooperation und gemeinsamen Entwicklung demokratischer, offener, moderner Gesellschaften fortzusetzen.

 
Links zum Thema
- Weiterer Abbau der Bürgerrechte in Russland: Neue Gesetze gegen NGOs und Minderheiten
 
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Stefan Melle

ist seit 2006 Geschäftsführer des Deutsch-Russischen Austausch'. Er ist Mit-Initiator und Gründer des EU-Russland-Zivilgesellschaftsforums (CSF). Foto: Deutsche Welle


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