Die freudenreiche Wohnstatt des Heimatlosen
Ende 2009 ist Belgers jüngster Roman „Das Haus des Heimatlosen“ - das russische Original erschien 2003 unter dem Titel „Dom skitalza“ - in der Reihe „Kasachische Bibliothek“ in der deutschen Übersetzung von Kristiane Lichtenfeld erschienen.
Herold Belger vermittelt die Erfahrungen und Sichtweisen zweier deutscher Familien in den Jahren 1941 bis 1956, die es mit der Deportation nach Kasachstan verschlagen hat. Es ist in vieler Hinsicht ein autobiografisches Werk.
Die Geschichte: David Ehrlich verliert durch die Deportation Frau und Sohn, weil seine russische Frau sein Schicksal nicht teilen will. In Kasachstan wird ihm als Arztgehilfe eine Sanitätsstelle für mehrere Steppensiedlungen übertragen. In der Fremde gewinnt er – nicht ohne Widerstände – bald das Vertrauen und das Ansehen der einfachen Menschen.
Christian, Davids jüngerer Bruder, erlebt die Hölle der Arbeitsarmee in der sibirischen Taiga. Mit seiner Kenntnis der Geschichte und Kultur der Wolgadeutschen wird er für David zur Symbolfigur für die verlorene Heimat. In der ebenfalls deportierten Familie Walter begegnet David der jungen Olkje, mit der er leben wird. Olkjes Bruder Harry, der mit besten Ergebnissen die kasachische Dorfschule abschließt, lässt keine Möglichkeit zu höherer Bildung unversucht, die allerdings den auf ihre Sondersiedlung beschränkten Deutschen verwehrt ist.
Harrys Gedanken und Gefühle, während er später mitten in Alma-Ata kurz vor dem entscheidenden Abschnitt seines Lebens steht, sind schicksalhaft: „Harry fühlte sich plötzlich leicht und beschwingt. Lange stand er, auf die Krücken gestützt, auf dem sonnenüberfluteten Bahnhofsvorplatz und genoss blinzelnd den Anblick der fernen Berge. Sie beeindruckten durch ihre Riesenhaftigkeit und ihre scheinbare Nähe. Für ihn, den Steppenmenschen, war dies alles neu. Hier werde ich endlich Erfolg haben, dachte er unverhofft - natürlich, hier geht es voran. Von dieser Ahnung wurde ihm vollends leicht ums Herz…. Nein, hier ginge er bestimmt nicht verloren. Dies war keine Stadt, sondern das Paradies. Die grüne Insel. Der Garten Eden. Die freudenreiche Wohnstatt des Heimatlosen.“
In dem Augenblick ahnte er jedoch noch nicht, dass ihm dieser Erfolg nicht so einfach in den Schoß fallen würde.
Herold Belger Das Haus des Heimatlosen übersetzt von Kristiane Lichtenfeld Berlin (Verlag Hans Schiler) 2010 420 Seiten, Preis 29,90 Euro ISBN 978-3-89930-261-5
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