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Russlanddeutsche Lebenswege

Ausstellung in Lüdenscheid klärt auf
Russlanddeutsche Lebenswege Foto: Hendrik Klein

Über 23.000 Aussiedler haben ein Zuhause im Märkischen Kreis gefunden. Die Region im nördlichen Sauerland ist für viele auch zur Heimat geworden. Im Kreishaus von Lüdenscheid ist dieser Tage die Wanderausstellung „Volk auf dem Weg“ eröffnet worden, die Geschichte und Integration der Deutschen aus Russland dokumentiert.

Lüdenscheid, 1. Mai 2013 – Irina Waal aus Lüdenscheid berichtete bei der Eröffnungsveranstaltung, wie sie 1996 nach Deutschland aussiedelte. Sie war gerade neun Jahre alt, als sie mit ihrer Familie die frühere Hauptstadt Kasachstans, Almaty, verließ. „Das wollte meine Oma unbedingt“, erzählte sie im gut besuchten Sitzungssaal des Lüdenscheider Kreishauses. Obwohl sie damals schon ein wenig Deutsch sprach, weil sie in der Grundschule mit dem Unterricht begonnen hatte, räumt sie heute ein: „Der Start hier war holprig, aber auch keine Katastrophe“. In der Heimt ihrer Vorfahren ist sie seither nicht mehr gewesen, auch zu den Verwandten gibt es heute keinen Kontakt. „Ich bin in Deutschland angekommen und hier zuhause.“

„Ich wollte nicht nach Deutschland“, gibt Lidia Remisch aus Iserlohn unumwunden zu. Ihre Kinder seien damals erst zehn und zwölf Jahre alt gewesen. Die Anfangszeit in Deutschland sei überdies kein einfaches Unterfangen gewesen: „Wir haben hier viele Ungerechtigkeiten erlebt“, erinnert sich die 52-jährige Schneiderin. Als Mitglied der SPD engagiert sie sich in zahlreichen Gremien der Stadt Iserlohn, darunter im Arbeitskreis Integration. „Meine Heimat ist Kasachstan, Deutschland ist mein Zuhause. Heimat hat man nur einmal, zuhause kann man an vielen Orten sein.“

Eduard Deibert stammt aus dem Gebiet Odessa an der Schwarzmeerküste und lebt bereits seit 1978 in Deutschland. Mit seiner alten Heimat verbinden ihn viele Erinnerungen. Jedoch: „Meine Eltern haben Fürchterliches erlebt“, berichtet der 71-Jährige. Und er selbst hat ebenfalls kaum Grund, seiner alten Heimat nachzutrauern. 1976 war der Regimekritiker nach zweijähriger Haftstrafe aus dem Gefängnis entlassen worden. „Meine Heimat ist jetzt Deutschland“, sagt Eduard Deibert, der eine russlanddeutsche Künstlergruppe gründete und in der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland aktiv ist.

Drei Lebenswege und drei Beispiele für die wechselvollen Schicksale, die Russlanddeutsche veranlasst haben, sich auf den Weg nach Deutschland zu machen. Landrat Thomas Gemke erinnerte bei der Ausstellungseröffnung daran, dass nach dem Zweiten Weltkrieg allein in Lüdenscheid 25 Prozent der Einwohner Vertriebene und Übersiedler waren. „23.000 Personen sind zwischen August 1989 und Dezember 2009 als Aussiedler aus Russland in den Märkischen Kreis gekommen“, sagte Gemke.

Die Ausstellung in Lüdenscheid ist Teil eines Projekts für den Schulunterricht. Sie zeigt mit Vorträgen, Schaubildern, Filmen und Tafeln die Geschichte und die kulturellen Verknüpfungen der Russlanddeutschen mit Russland, der ehemaligen Sowjetunion und den Nachfolgestaaten.

„Volk auf dem Wegr“ gibt Einblick in den Leidensweg, den die Russlanddeutschen infolge des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion im Jahr 1941 antreten mussten. Zehntausende verloren ihr Leben durch Deportation, Verschleppung und Ermordung. In den 1990er Jahren kamen viele Deutsche aus Russland als Spätaussiedler zurück nach Deutschland.

Bis zum 28. Mai wird die Ausstellung im Foyer des Lüdenscheider Kreishauses noch zu sehen sein. (nach einer Pressemeldung des Märkischen Kreises vom 30. April 2013)

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