Die Erlöse aus dem Verkauf der Liegenschaften werden allerdings nicht von der Bundesrepublik vereinnahmt, sondern sollen von einer Stiftung verwaltet und weiterhin zu Gunsten der deutschen Minderheit in Russland verwendet werden. Zu diesem Zweck wird demnächst die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) im Altaigebiet eine nichtkommerzielle Organisation gründen, die die eingehenden Gelder in Form eines revolvierenden Fonds einsetzen wird. Das heisst, die Rückflüsse aus Investitionen des Fonds werden immer wieder für Projekte der Russlanddeutschen verwandt.
Die Wohnungen und Gewerbebetriebe sind nach 1992 errichtet worden, als die Hilfe für die deutschstämmige Bevölkerung in Russland auch Investitionen in Großprojekte umfasste. Mit der Neuorientierung der Hilfe nach 1998 wurden derartige Vorhaben nicht mehr fortgeführt, weil die Unterstützung für die Russlanddeutschen stärker den Charakter der Selbsthilfe tragen sollte. Man rechnete damit, auf diese Weise individuellen Bedürfnissen etwa nach Ausbildung und Spracherwerb besser Rechnung zu tragen und die Verbundenheit mit den russischen Lebensverhältnissen zu stärken.
Bei seinem Besuch in Moskau unterstrich Kemper zudem, dass die Hilfe für die deutsche Minderheit in Russland auch in Zukunft fortgesetzt wird. Schwerpunkte sind die Förderung der Begegnungsstätten, der Jugendarbeit und der Sprachvermittlung. In diesem Jahr hat die Bundesrepublik dafür knapp zehn Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Nach Treffen mit Vertretern der russischen Regierung und russlanddeutschen Organisationen fasste Kemper seinen Eindruck zusammen, wonach die Hilfen auch „in der Zukunft notwendig sind. Die deutsche Bundesregierung wird an ihrer bewährten Hilfenpolitik im Interesse der deutschen Minderheit in der Russischen Föderation festhalten“.
Nach dem Aufenthalt in Moskau besuchte Kemper noch Saratow und St. Petersburg. In Engels an der Wolga übergab er in einer Feierstunde das erweiterte Archiv der Russlanddeutschen seiner Bestimmung. Mit deutscher Hilfe ist ein Anbau errichtet worden, wodurch der bedeutende Bestand an Dokumenten von der Besiedlung bis zum Ende der Wolgarepublik vor dem Verfall bewahrt wird. Bei den Gesprächen in St. Peterburg ging es ebenfalls um die Übertragung von Wohnungen an private Besitzer. In Neudorf-Strelna war mit deutscher Finanzhilfe Wohnraum für Russlanddeutsche aus anderen Regionen geschaffen worden. Um Spekulation vorzubeugen, sollen die erworbenen Wohnungen voraussichtlich für die Dauer von fünf Jahren nicht weiterveräußert werden dürfen. (© ORNIS, 21. August 2005)