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Ein Leben für die Sprache

Mit 90 Jahren unterrichtet Albert Herdt noch angehende Deutschlehrer
Ein Leben für die Sprache Foto: Lena Pewzowa

Albert Herdt könnte längst seinen Lebensabend genießen. Doch immer noch unterrichtet der 90-Jährige an der Südlichen Föderalen Universität Rostow am Don deutsche Sprache. Mit dem russischen Schriftsteller Michail Scholochow verband den Russlanddeutschen eine lange Freundschaft.

Rostow am Don, im November 2008 - Albert Herdt lacht gern, und selbst wenn er in Eile ist, findet er immer noch Zeit, einen seiner neuesten Witze zu erzählen. „Humor ist ein Lebenselixier“, sagt er. Und Menschen, die dieses „Wasser des Lebens“ nicht zu schätzen wissen, nennt er verächtlich Verbrecher. Mit seinen 90 Jahren hebt er mühelos eine Hantel von über 30 Kilo. Krankheiten? Das ist für den rüstigen Professor ein Fremdwort. Nie verlässt er sein Haus, ohne vorher seine Gymnastik absolviert zu haben. Herdt spricht Französisch, Spanisch, Italienisch und Englisch. Russisch und Deutsch sind seine beiden Muttersprachen.

Im Zweiten Weltkrieg diente der junge Herdt in der Division des berühmten Generals Iwan Konew. Konew war mit seinen Soldaten der erste, der die deutschen Truppen vor Moskau zum Stehen brachte und sie zurückschlug. Viele Schriftsteller wie Michail Scholochow, Alexander Fadeew, Ewgeni Petrow kamen damals als Kriegsberichterstatter an die Front. Und so entwickelte sich auch die Freundschaft zwischen Scholochow und Herdt. Scholochow, damals schon ein gefeierter Autor, bot dem jungen Soldaten gleich das „Du“ an, obwohl Scholochow wesentlich älter war als er. Herdt pflegt zu sagen, dass ihm ein Mensch „entweder gleich gefällt oder nie“. Scholochow hat ihm sofort imponiert.

Albert Herdt
Foto: Lena Pewzowa
Die Freundschaft der beiden Männer hatte auch Einfluss auf Herdts Schaffen. Für den DDR-Verlag „Volk und Welt“ übersetzte er in den Jahren 1946 und 1947 den bekannten Roman Scholochows über die Donkosaken „Der stille Don“ ins Deutsche und bemühte sich dabei, die Merkmale des Don-Dialekts nicht zu verleugnen. Scholochow, der 1965 für den Roman den Nobelpreis für Literatur erhielt, dankte Herdt für seine Arbeit und überreichte ihm als Geschenk eine Romanausgabe mit persönlicher Widmung. Das immer wieder auftauchende Gerücht, Nobelpreisträger Scholochow habe seinen Roman „Der stille Don“ nicht selbst geschrieben, weist der Übersetzer entschieden zurück.

Für seine Leistungen auf dem Gebiet der Germanistik erhielt Albert Herdt 1974 den Doktortitel der Pädagogischen Hochschule Karl Liebknecht in Potsdam, heute Teil der Universität Potsdam. So wird der Russlanddeutsche Albert Herdt seinen Studenten in Rostow am Don wohl auch noch in den nächsten Jahren über vergangene Zeiten und frühere Freundschaften berichten können. (Lena Pewzowa)

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