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Auf Stimmenfang unter Russlanddeutschen / Seite 5
Mit der Zeitschrift „Ost-West-Panorama“ hat die NPD ein Forum entdeckt, auf dem sie nicht nur sich selbst positiv, sondern auch alle anderen Parteien negativ darstellen kann, wobei für die anderen Parteien kaum Möglichkeiten bestehen sich zu wehren, da die Zeitschrift nur unter Russlanddeutschen bekannt ist und viele der gegen die anderen Parteien gerichteten Artikel auf Russisch verfasst sind.
Die NPD-Propaganda auf den Seiten ihrer Zeitschrift erklärt die Redaktion des Ost-West-Panoramas ganz einfach: sie sorge sich um die Interessen der Russlanddeutschen und des deutschen Volkes insgesamt, und die NPD sei die einzige Partei, die dies auch tue. Es gibt aber eine ganze Reihe von Indikatoren, die zeigen, dass es hier nicht um diese Interessen, sondern um Wahlinteressen der NPD geht.
In der Ausgabe vom April 2008 erklärt zum Beispiel eine Leserin, warum man SPD, CDU, Grüne, FDP und die Linke nicht wählen soll. Sie schreibt, ihr bleibe nichts anderes „als zu hoffen, dass sich doch eine Partei in der Zukunft findet, die Deutsche Interessen einschließlich der unserer Volksgruppe verteidigen will“. Eine Seite davor kann man lesen, wie die sächsische NPD „die deutschen Interessen verteidigt“ (ein Artikel von Holger Apfel, dem Vorsitzendem der NDP-Fraktion in Sachsen).
Jede Ausgabe enthält einen oder mehrere Artikel, die als „Wahlkampfrhetorik“ klassifiziert werden können. Mit einfachen und eingängigen Worten wird den Lesern erklärt, warum sie die NPD wählen sollen – und in vielen Fällen auch, warum man die anderen Parteien nicht wählen soll. Im August 2008 erschien beispielsweise eine Doppelseite mit zwei auf Russisch verfassten Artikeln mit den Titeln „Wie Mitglieder der Linken ihre Wähler betrügen“ und „Warum laufen der CDU/CSU die Wähler weg?“, denen der Artikel „Recht auf Nationalismus“ folgte.
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Im September 2008 wurden acht Seiten (unglaublich viel für eine Ausgabe) der negativen Darstellung der Linkspartei und der linken Ideologie insgesamt gewidmet. In der November-Ausgabe wird die CDU kritisiert, deren Reihen der Chefredakteur und der Verleger nach der Demonstration in Düsseldorf verlassen mussten.
Die Anerkennung der Russlanddeutschen als Deutsche durch die NPD hat keinen kulturellen, sondern einen klaren politischen Hintergrund. In diesem Sinne könnte man formulieren, dass die NPD nicht die Russlanddeutschen, sondern vor allem ihre Wahlstimmen anerkennt. Den Lesern des Ost-West-Panoramas ist diese Tatsache vielleicht nicht oder nicht immer bewusst, die NPD-Propaganda enthält keine direkten Sprüche wie „Wählen Sie uns!“, aber sie zielt indirekt darauf ab. Die NPD betreibt ihre Agitation bei den Russlanddeutschen latent und permanent und ohne sie davon in Kenntnis zu setzen, dass es sich um Agitation handelt.
Warum funktioniert die Werbung bei den Russlanddeutschen?
Eigentlich spricht in Zielen und Programm der NPD nichts dafür, dass die Russlanddeutschen, besonders aber ihre nicht-deutschen Familienangehörigen, sich mit der NPD identifizieren oder diese Partei wählen sollen. Für viele spricht nichts dafür, dass sie überhaupt zu Wahlen gehen sollen.
Versucht eine Partei, diese Gruppe politisch zu aktivieren und ihre Stimmen zu gewinnen, so ist zu erwarten, dass das eine Partei ist, die auf Offenheit der Gesellschaft für unterschiedliche Kulturen und auf eine bessere Integration der Einwanderer orientiert ist. Es ist nahe liegend anzunehmen, dass die Ideen der Offenheit und Multikulturalität bei den Russlanddeutschen ein besseres Verständnis finden als nationalistische Ideen.
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