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21. bis 27. April

„Die meisten haben sich wunderbar integriert.“

Offenburg – Es gibt kaum einen hellsichtigeren Analytiker deutscher Befindlichkeit am Anfang des 21. Jahrhunderts als Wladimir Kaminer, schreibt am 23. April die «Badische Zeitung», die mit dem Schriftsteller aus Anlass der Offenburger Literaturtage ein Gespräch geführt hat. Dass sich der 1990 aus Russland nach Deutschland ausgewanderte Autor dem Gegenstand seiner Betrachtung mit volkskundlicher Präzision und subversivem Humor nähere, habe auch mit der milden Verzweiflung vor den Katastrophen des Lebens zu tun. In der Ortenau lebten viele Russlanddeutsche. Ob er einen Tip für die Einheimischen und Neubürger habe, wie sie ihre Fremdenangst überwinden könnten, fragt der Interviewer seinen Gesprächspartner. „Das ist schwierig, solange die Medien Russlanddeutsche nur als Kriminelle darstellen“, antwortet der Autor. Denn das sei Quatsch. Die meisten hätten sich wunderbar integriert. Es gebe natürlich überall schwarze Schafe, wo die Menschen soziale Probleme haben. Kaminer: „Ich bin dafür, sich auf das zu konzentrieren, was die Menschen gemeinsam haben und nicht darauf, was sie unterscheidet.“


Angst vor Abschiebung nach Russland

Hamburg – Als in Hamburg noch die schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen liefen, in denen es auch um eine humanere Flüchtlingspolitik ging, machte die CDU-geführte Innenbehörde kurzen Prozess mit einer armenischen Familie, berichtet die «Hamburger Morgenpost» am 23. April. Sie wurde auseinander gerissen, der Vater mit zwei der drei Kinder in einer Nacht- und Nebel-Aktion ausgewiesen. Und es gebe einen weiteren Fall, heißt es in dem Blatt: Die 15-jährige Katja soll mit ihrer Mutter ausgewiesen werden, „in die kalte Heimat Richtung Russland“. Katja spreche perfekt deutsch, möchte auf der Ida-Ehre-Gesamtschule ihren Schulabschluss machen. Ihr russlanddeutscher Vater habe Frau und Tochter nach Deutschland geholt, allerdings versäumt, für die beiden die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen. Vor zwei Jahren sei die Ehe gescheitert – der gewalttätige Vater habe Mutter und Tochter regelmäßig geschlagen. Jetzt leben sie in einem Haus für geschlagene Frauen „mit der täglichen Angst vor der Abschiebung“.


„Ich kann das Gelernte endlich unter Beweis stellen“

Traunstein – Sechs Jahre lang lebt Svetlana Seibert schon in Deutschland. Im vergangenen Jahr hat sie einen Deutschkurs belegt und ist dann in das Projekt ‚IdeA‘ (Integration in den Arbeitsmarkt) eingestiegen, heißt es im «Trostberger Tagblatt/Traunreuter Anzeiger» am 22. April. Die Spätaussiedlerin habe bis vor kurzem mit ihrem Ehemann und ihren zwei Kindern von „Hartz IV“ gelebt. Mangelnde Deutschkenntnisse und eine nicht anerkannte berufliche Ausbildung hätten ihr das Fußfassen in Deutschland schwer gemacht. Ende Februar sei es dann nach einem Praktikum wegen ihrer guten Leistung und Motivation zur Übernahme in ein Arbeitsverhältnis gekommen. Derzeit sei sie in der Herstellung von Packmitteln eingesetzt; später habe sie die Möglichkeit, sich zur Maschineneinrichterin weiter zu qualifizieren. „Ich bin so glücklich, endlich eine Arbeit zu haben. Ich habe viel gelernt und kann dies nun endlich auch unter Beweis stellen“, sagte Svetlana Seibert der Zeitung. ‚IdeA‘ ist ein Projekt der Arbeitsgemeinschaft Integration Traunstein und der beruflichen Fortbildungszentren der bayerischen Wirtschaft Traunstein sowie der Berufsbildung im Handwerk Oberbayern.


Sie hatten sich perfekt ergänzt

Augsburg – „Was ich nicht konnte, das konnte Olga.“ Alexander K. berichtet, wie er gemeinsam mit seiner Frau die erste Zeit der Integration in Deutschland gemeistert hat. Beide hätten sich perfekt ergänzt, meint Alexander, und so sei die Eingewöhnung gut gelungen. Jetzt ist Olga tot. Sie wurde Opfer eines kaltblütigen Verbrechens: Vor vier Wochen hatten Unbekannte einen Holzklotz von einer Autobahnbrücke zwischen Wilhelmshaven und Oldenburg geworfen. Der sechs Kilo schwere Klotz prallte mit der Wucht von zwei Tonnen auf das Auto, in dem Olga K. saß, bringt die «Augsburger Allgemeine» am 24. April in Erinnerung. Das Geschoss zerschmetterte den Hals der Frau, die linke Schulter und den Brustkorb. Die 33-jährige war sofort tot. Für ihren Mann, der das Auto fuhr, und für die beiden Kinder auf dem Rücksitz habe in diesem Moment ein Alptraum begonnen, schreibt das Blatt und beruft sich auf einen Beitrag im ‚stern‘, in dem der Witwer davon berichtet, wie er das Unglück erlebt hat. Vor 13 Jahren hatten sich Olga und Alexander, Russlanddeutsche aus Kasachstan, kennen gelernt. Damals war Olga gerade ein halbes Jahr in Deutschland gewesen.


Suche nach fremden Orten in Münster


Münster – Seit Januar suchen 16 Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in ihrer Freizeit nach Orten der Migration in Münster, heißt es in der «Münsterschen Zeitung» am 23. April. Ziel ihres Projekts, das im Rahmen des Landeswettbewerbs ‚Archiv und Jugend‘ stattfindet, sei ein virtueller Stadtplan, in dem Orte gekennzeichnet werden sollen, die mit der Geschichte von Fremden in Münster zu tun haben. „Wer, Wie, Wo und Warum“ seien die Fragen, mit denen sich nach Angaben von Ingrid Fisch vom Stadtarchiv die Jugendlichen beschäftigten. Auf ihrer Suche nach Markierungspunkten für den Internet-Stadtplan hätten die Siebt- bis Zwölftklässler bereits den Dezernenten für Aussiedler- und Flüchtlingsfragen der Stadt Münster besucht. Jetzt geht es darum, mit Fallbeispielen konkret zu werden. Deshalb bittet die Gruppe alle Bürger, die ihnen mit persönlichen Informationen helfen könnten, sich zu melden. Schwerpunkt des Projekts soll die Befragung von Zeitzeugen sein.


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