ORNIS-PRESS
ORNIS-PRESS
ORNIS-RSSORNIS-RSS|ORNIS InfoBriefORNIS InfoBrief|  

Sie sind hier: Startseite ›› Themen und Berichte ›› Politik

Schrift: kleiner | normal | größer

Offener Brief an Präsident Medwedew

Beauftragte für Stasi-Unterlagen setzt sich für Michail Suprun ein
Offener Brief an Präsident Medwedew Foto: A. Hugentobler

In einem offenen Brief an Präsident Dmitrij Medwedew hat die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, gegen das Vorgehen der russischen Behörden im Fall Michail Suprun protestiert. Offenbar solle verhindert werden, die Erinnerung an die Opfer des Stalinismus wach zu halten.

Der Brief vom 8. Oktober ist der russischen Regierung über die Deutsche Botschaft in Moskau zugeleitet worden. Bislang liegt keine Reaktion des Kreml vor:

Sehr geehrter Herr Präsident,

mit großer Sorge habe ich von Maßnahmen staatlicher Behörden Kenntnis genommen, die sich gegen die Arbeit von Professor Michail Suprun von der Universität Archangelsk richten.

Professor Suprun leistet in Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz wichtige Arbeit zur Aufklärung des tragischen Schicksals von tausenden Russlanddeutschen im Gulag der nordöstlichen Sowjetunion. Die Maßnahmen, die jetzt von örtlichen Behörden – Staatsanwaltschaft und FSB – gegen ihn, seine Mitarbeiter sowie gegen Alexander Dudarew, den Leiter des Informationszentrums der Innenbehörde von Archangelsk, ergriffen worden sind, sollen diese Arbeit offenkundig sabotieren:

Es kam zur Durchsuchung und Beschlagnahmung der Unterlagen und der Arbeitsmittel und zur Eröffnung von Ermittlungsverfahren wegen angeblicher Verletzung des Datenschutzes, begründet mit der wenig glaubhaften Befürchtung, die Nationalität der Nachfahren der Opfer werde dadurch bekannt.

Marianne Birthler
Der Eindruck legt nahe, dass damit Personen eingeschüchtert werden sollen, die Licht in das Dunkel der Erinnerung an die Zeit des Stalinismus bringen und an ihre Opfer erinnern wollen. In einer Zeit, da Alexander Solschenizyns „Archipel Gulag“ zur Pflichtlektüre an russischen Oberschulen gemacht werden soll, erscheint das Vorgehen der russischen Behörden in diesem Fall geradezu anachronistisch.

Aus Erfahrung wissen wir, dass ein freies und demokratisches Land einen ehrlichen Umgang mit der eigenen Geschichte braucht, bei dem die Schattenseiten der eigenen Geschichte nicht ausgespart werden. Der berechtigte Stolz auf die historischen Leistungen eines Volkes und die Erinnerung an die dafür erbrachten Leiden der Menschen werden dadurch nicht geschmälert, sondern umso glaubwürdiger.

Im Vertrauen darauf, dass Sie, Herr Präsident, Wert auf die Einhaltung rechstaatlicher Grundsätze und Verfahren legen, appelliere ich an Sie, den Einschüchterungsmaßnahmen russischer Behörden gegen ehrenhafte Historiker ein Ende zu setzen und zu veranlassen, dass die beschlagnahmten Unterlagen an Prof. Suprun zurückgegeben werden und dass er und seine Kollegen ihre Arbeit ungehindert fortsetzen können.

Hochachtungsvoll
Marianne Birthler
 
Links zum Thema
- Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik

Nach oben
Artikel bookmarken:
Diese Seite zu Mister Wong hinzufügen My Yahoo