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Neue Konzepte, alte Widersprüche

Der mühsame Weg zu einer Politik der Vielfalt
Neue Konzepte, alte Widersprüche Foto: Ulistx/Fotolia

Zuwanderer tragen zu gesellschaftlicher Vielfalt bei. Ein Gemeinplatz. Doch so selbstverständlich ist die Erkenntnis wohl nicht, wenn etwa hochqualifizierten Aussiedlern angemessene Arbeitsstellen vorenthalten werden und viele sich in die innere Emigration gedrängt fühlen. Was braucht eine Gesellschaft, um die Teilhabe von Zuwanderern würdigen zu können? Der Historiker Christian Horn beschreibt Schwierigkeiten und Chancen.

Von Christian Horn

In den letzten Jahren sind verstärkt Konzepte wie "Intercultural Mainstreaming" und "Diversity Management" in die Diskussion über das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft eingebracht worden. Die konsequente interkulturelle Öffnung aller Institutionen beinhaltet allerdings mehr als das Verbot der Diskriminierung von Minderheiten. Es handelt sich um eine Querschnittsaufgabe, deren Umsetzung die vollständige Abkehr von der bestehenden deutschen Dominanzkultur bedeuten würde. Ob die Mehrheitsgesellschaft zu diesem Schritt bereit ist, bleibt abzuwarten.

Wie in allen Wissensgebieten haben auch im Migrationsbereich neue, meist aus dem englischsprachigen Raum kommende Begriffe Einzug gehalten. Das "Intercultural Mainstreaming" ist eine politisch ausgerichtete Konzeption, die auf die interkulturelle Öffnung von staatlichen Institutionen zielt. Dem "Diversity Management" liegt ebenfalls die Idee von der Wertschätzung gesellschaftlicher Vielfalt zugrunde; als Strategie zur Unternehmensführung kommt es vor allem in der Wirtschaft zum Einsatz. Beide Methoden werden aber auch im Umfeld der Neuen Sozialen Bewegungen diskutiert.1

Christian Horn

Intercultural Mainstreaming

Die Idee des Intercultural Mainstreamings knüpft an das "Gender Mainstreaming" an, das auf Forderungen der internationalen Frauenbewegung zurückgeht. Ursprünglich war damit gemeint, dass bei allen politischen Entscheidungen die gesellschaftliche Situation von Frauen berücksichtigt werden soll - so das Fazit der vierten UN-Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking. Heute wird diese Strategie geschlechtsneutral gefasst, nämlich als Forderung nach gleichberechtigter politischer und sozialer Teilhabe aller Menschen, unabhängig vom biologischen Geschlecht und von der sexuellen Orientierung. Analog dazu hat sich seit den 1990er Jahren in den USA und in Großbritannien die Strategie des Intercultural Mainstreamings verbreitet, dem häufig die Methode der "positiven Diskriminierung" ("affirmative action") mittels Quotenregelung für Minderheiten zugrunde lag.

Ausgangspunkt war hierbei die Einsicht, dass die Lebenswirklichkeit von Menschen mit Migrationshintergrund gar nicht oder viel zu wenig bei politischen Entscheidungen und Gesetzesvorhaben berücksichtigt wird. Dementsprechend sollte es von nun an ein Regelwerk geben, das automatisch dafür sorgt, dass bei jeder Entscheidung die spezifischen Voraussetzungen, Lebensbedingungen und Orientierungen von Migrantinnen und Migranten einbezogen werden. Auf diese Weise sollte die bisherige, vermeintlich migrationsneutrale, in Wahrheit jedoch mehrheitszentrierte Sicht der gesellschaftlichen Realität abgelöst werden durch eine Perspektive, die allen in einem Land lebenden Menschen gerecht wird.

Um diese Querschnittsaufgabe in den Verwaltungen zu realisieren, müssen mehrere Aspekte berücksichtigt werden: Zunächst benötigt man ein Arbeitskonzept mit inhaltlichen und zeitlichen Vorgaben, dessen Umsetzung durch Schulungen, Informations- und Evaluierungsveranstaltungen begleitet wird. Die Entscheidung für das Intercultural Mainstreaming muss von allen Ebenen mitgetragen und insbesondere von der Leitungsebene ausdrücklich unterstützt werden. Damit der Prozess vorangetrieben wird, ist es außerdem notwendig, den Anteil von Migrantinnen und Migranten, insbesondere in Entscheidungspositionen, deutlich zu erhöhen. Diese Strategie lässt sich auf viele gesellschaftliche Institutionen übertragen, von öffentlichen Einrichtungen (Behörden, Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Rundfunkanstalten) über Wohlfahrtsverbände bis zu zivilgesellschaftlichen Initiativen und Kultur- oder Sportvereinen.

 

Fortsetzung Teil 2


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Das Kulturmagazin "nah & fern" berichtet über Migration, Partizipation und benachbarte Themen in Politik, Arbeitswelt, Gesellschaft und Kultur. Zentral ist dabei die Frage, ob und inwiefern Migrantinnen und Migranten gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben in Deutschland und anderen Ländern teilhaben können.

Die erste Ausgabe von "nah & fern" erschien noch in der "alten" DDR im Sommer 1989 zum Kirchentag in Leipzig. Zunächst herausgegeben vom Ökumenisch-Missionarischen Zentrum Berlin-Ost, beteiligte sich ab der zweiten Ausgabe das Evangelisch-Lutherische Missionswerk Leipzig (LMW) an der Herausgabe der Zeitschrift. Seit November 2005 erscheint die die Zeitschrift im von Loeper Literaturverlag.

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