Sie sind hier: Startseite ›› Themen und Berichte ›› Geschichte
Brüssel, im Oktober 2009 - Die russische Menschenrechtsorganisation Memorial wird den diesjährigen Sacharow-Preis für geistige Freiheit des Europaparlaments erhalten. Bei der Plenarsitzung in Straßburg im Dezember sollen die Memorial-Mitarbeiter Ljudmila Alexejewa, Oleg Orlow und Sergej Kowjalow die Auszeichnung entgegennehmen. Parlamentspräsident Jerzy Buzek sagte, die drei Ausgezeichneten erhielten den Preis stellvertretend für „alle, die sich in Russland für Menschenrechte einsetzen“.
Als „Tragödie für ganz Europa“ bezeichnete Buzek den Umstand, dass in Russland Menschenrechtler Verfolgung fürchten müssten. Der Preis verstehe sich daher auch als Ermutigung, gegen die „Spirale aus Angst und Gewalt einzutreten, die in der Russischen Föderation Verteidiger der Menschenrechte umgibt“.
Memorial war 1989 als erste regierungsunabhängige Organisation auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion gegründet worden. Ziel war, in Russland das Gedenken an die Opfer des Stalinismus wach zu halten. Gründungsvorsitzender war der Physiker, Regimekritiker und Friedensnobelpreisträger Andrei Sacharow. Bald setzte sich die Organisation weitere Ziele. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter besuchten GULag-Überlebende, schrieben ihre Lebensgeschichten auf und verliehen ihnen in der Öffentlichkeit so eine Stimme.
Anfang der 1990er-Jahre entstanden in Russland rund 70 Memorial-Verbände. Inzwischen gibt es international 87 Gruppen, darunter in Polen, in der Ukraine, in Lettland und in Deutschland. Die Arbeit von Memorial wird von der Soros-Stiftung, der Ford-Stiftung und der Heinrich-Böll-Stiftung finanziell unterstützt. Außerdem erhält die Organisation Unterstützung des UNO-Flüchtlingswerks und des Europarats für ihr Programm zur Beratung von Flüchtlingen.
Der Sacharow-Preis für geistige Freiheit, der mit 50.000 Euro dotiert ist, würdigt Personen und Organisationen, die sich für Menschenrechte und Meinungsfreiheit einsetzen. Der Preis wurde 1988 erstmals verliehen.
| Links zum Thema |
|
- Memorial Deutschland - Memorial Russland |
| Artikel bookmarken: |
   |
|
Nationale Geschichtsbilder – Ein Aufruf von Memorial Das 20. Jahrhundert hat in der Erinnerung der Völker Osteuropas tiefe Wunden hinterlassen: Revolutionen, Diktaturen, Weltkriege, die nationalsozialistische Unterwerfung und der Holocaust sind unvergessen. Jede Gesellschaft erinnert und verarbeitet die eigene Erfahrung auf ihre Art. Häufig steht die Erinnerung eines Volkes im Widerspruch zu der eines anderen. ... |
Gedenkstein in St. Petersburg für die Opfer politischer Gewalt |
|
Arseni Roginski, Fragmentierte Erinnerung - Die Erinnerung an den Stalinismus ist im heutigen Rußland ein so aktuelles wie heikles Thema. Die Buchläden quellen über von belletristischer, publizistischer und pseudohistorischer Literatur zum Lobe Stalins. In Meinungsumfragen wird er unweigerlich unter den drei "herausragendsten Persönlichkeiten aller Zeiten" genannt, und neuere Schulbücher für den Geschichtsunterricht rechtfertigen Stalins Politik. ... |
