Sozialarbeiter und Pädagogen haben die Anziehungskraft erkannt, die Hiphop auf junge Leute ausübt. Junge Aussiedler sind da keine Ausnahme. Im Gegenteil: Für sie, die sich oft von Gleichaltrigen unverstanden und ausgegrenzt fühlen, ist Hiphop eine Ausdrucksform, in selbst gewählter Sprache Erlebtes zu verarbeiten, von eigenen Werten zu berichten, sich selbstbewusst zu behaupten. „Wir Aussiedler in Deutschland können mehr, als unser Ruf verspricht“, sagen etwa die Macher von „Radio Sloschnaja Kompanija“ über sich.
An der Hiphop-Szene beißt sich professionelle Jugendarbeit häufig die Zähne aus, hat der Sozialpädagoge Thorsten Leißing aus Münster erkannt. An der dortigen Universität hat der 25-Jährige jetzt eine Diplomarbeit im Fachbereich Sozialwesen vorgelegt, die manchem bemühten Sozialarbeiter zu denken geben wird. Leißings Untersuchung zur Bedeutung der Hiphop-Gemeinde für die Jugendkultur gilt als bislang fundierteste Arbeit zum Thema. Seine Kritik an vielen Erwachsenen, die beruflich mit Jugendlichen zusammenarbeiten: „Die haben oft ein Klischee im Kopf, wissen nicht, was Hiphop ist, und mischen sich zu stark ein.“ Sein Rat: Zuhören, einen Projektrahmen abstecken und alles Übrige den Jugendlichen und ihren schöpferischen Ideen überlassen.
Beim Hiphop – dazu gehört neben der Musik auch Breakdance, Graffitimalen und die Tätigkeit als DJ (Hiphop-Glossar: siehe "Links zu diesem Thema") – zählt nur eins: Kreativität. Leißing: „Jugendliche definieren sich in der Hiphop-Gemeinschaft über ihr Können, der Rest ist egal.“ Schicke Markenkleidung zählt nicht, und ebenso ist derjenige bald raus aus der Szene, der glaubt, mit Hiphop schnell ans große Geld zu gelangen. Wer so handelt, verliert in den Augen der anderen an „Realness“ – Echtheit, Glaubwürdigkeit, Respekt sind die Markenzeichen der Hiphopper. Und das wird offenbar auch von Erwachsenen verlangt, die als Sozialarbeiter und Pädagogen mit der Hiphop-Gemeinde zusammenarbeiten. Leißing: „Man muss sich eben erkennbar und wirklich für das interessieren, was die Jugendlichen denken, fühlen und machen wollen. Wem das nicht gelingt, zu dem fassen sie auch kein Vertrauen.“ (© ORNIS 4. Oktober 2004)
Links zum Thema |
- Radio Sloschnaja Kompanija - Hiphop allgemein |
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