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Hannover, 22. Juli 2007 – Der Konflikt entzündete sich an Klosas Äußerungen über angeblich verbreitete Gewaltbereitschaft unter Aussiedlern. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hatte daher Anfang Juni Anzeige erstattet und dem Polizeichef „kollektive rassistische Verunglimpfung einer deutschen Minderheit“ vorgeworfen. Die Menschenrechtsorganisation, die seit vier Jahrzehnten für den Schutz von Minderheiten eintritt, hielt ihre Anzeige auch aufrecht, nachdem die Staatsanwaltschaft in Hannover keinen Anlass für weitere Ermittlungen sah.
Die Kritik an Klosa bezieht sich nicht allein auf seine Wortwahl gegenüber Aussiedlern – GfbV: „Volksverhetzung“ -, die er später zurücknahm und in eine Würdigung der Gesetzestreue von Aussiedlern umwandelte. Bedenken richten sich vor allem gegen Pläne seiner Behörde, Polizisten aus Hannovers russischer Partnerstadt Iwanowo während einer Hospitation „in Brennpunkten von Aussiedlerkriminalität einzusetzen“ (Hamburger Abendblatt vom 18. Juli 2007). Nach Erkenntnissen der Polizei von Hannover liegt die Zahl der Delikte, die von Aussiedlern begangen werden, höher als es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht. Vor allem bei Raub, Nötigung und Körperverletzung trete die Gruppe der 16- bis – 30-Jährigen hervor.
Aus diesem Grund ist offenbar daran gedacht, Polizisten aus Russland zur „Beratung und Unterstützung“ (Westfälische Nachrichten vom 19. Juli 2007) heranzuziehen. Die Gewerkschaft der Polizei billigt die Pläne mit der Begründung, viele Russlanddeutsche seien „einen anderen Umgang mit der Polizei gewohnt“, wie Landeschef Bernhard Witthaut meint. Die Kräfte aus Iwanowo sollten zwar Uniform, aber keine Waffen tragen, versicherte Klosa, über die Ausrüstung mit Schlagstöcken „müssen wir noch einmal nachdenken“.
Nach Intervention des Aussiedlerbeauftragten ergab sich bei der Polizeidirektion Hannover eine „neue Lageeinschätzung“ und „Anlass, die bisherigen Erkenntnisse zur Delinquenz von Spätaussiedlern zu korrigieren“. In einer Presseinformation vom 16. Juli wird nunmehr aufgeschlüsselt, bei welchen Delikten junge Spätaussiedler in besonderer Weise vertreten sind. Zudem sei bemerkenswert, dass die Täter auffallend häufig alkoholisiert seien. Insgesamt ist man seit Einführung eines neuen Erfassungssystems zu dem Ergebnis gekommen, „dass der Anteil der Spätaussiedler unter den ermittelten Tatverdächtigen signifikant höher ist als bisher angenommen“. Polizeipräsident Klosa legt allerdings auch Wert auf die Feststellung, „dass sich die große Mehrheit der Spätaussiedler rechtstreu verhält“.
Christoph Bergner, zugleich Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium, hatte Klosa zuvor bescheinigt, seine früheren Äußerungen und die Pläne zum Einsatz russischer Polizei gegen Aussiedler seien „geeignet, Vorurteile zu schüren“. Die Bundestagsfraktion der CDU schloss sich der Kritik an und bezeichnete den Einsatz russischer Polizei in Hannover als „geradezu unsinnig“. Die Polizei werde als Teil des früheren Repressionsapparates verstanden.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker wird noch deutlicher: „Statt totalitär geprägte Polizisten gegen deutsche Bürger einzusetzen, sollte Hannovers Polizei endlich eine ausreichende Zahl Polizisten russlanddeutscher Herkunft einstellen.“ Gegenüber dem Regionalsender „Radio Flora“ meinte GfbV-Sprecher Tilmann Zülch, russlanddeutsche Vermittler in Konfliktfällen seien wesentlich geeigneter als Abgesandte russischer Polizeiwachen.
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