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„Hier kümmert man sich um die Menschen“
Bayerisch Eisenstein – „Wir müssen um jeden Einwohner kämpfen, vor allem um die jungen.“ Bürgermeister Thomas Müller macht sich Sorgen: Seine niederbayerische 1.300-Einwohner-Gemeinde schrumpft. Schule und Kindergarten brauchen zu ihrer Existenzberechtigung jedes Kind, berichtet der «Bayerwaldbote» am 11. November. Bislang haben vor allem die Spätaussiedler für Nachwuchs gesorgt, doch deren Zahl geht beständig zurück. 56 Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion leben derzeit im Übergangswohnheim des Ortes; vor einem Jahr waren es noch 200, noch früher bevölkerten 300 die sechs Gebäude, in denen es auch einen Internet- und einen Musikraum gibt. „Diese Menschen sind wichtig für uns und für die Einrichtungen der Gemeinde“, betont der Bürgermeister. Sollte die Zahl der Spätaussiedler weiter abnehmen, „dann müssen die wenigen, die noch kommen, dem ländlichen Raum zugewiesen werden“, fordert Müller. „Denn hier kümmert man sich um die Menschen.“
Deutschkurse vor der Einschulung
Osterhofen – Gertraud Goldblan hat einen Korb mit Obst und Gemüse vom Markt in den Vorschulkindergarten St. Martin mitgebracht. Die Kinder dürfen reingreifen, Birnen, Trauben oder Paprika herausnehmen und laut erzählen, wie die Frucht heißt und welche Farbe sie hat. Auf Deutsch natürlich, denn die Kleinen sollen so mit Unterstützung ihrer Lehrerin die Sprache lernen. Seit Anfang dieses Kindergartenjahres läuft dieser Kurs im bayerischen Osterhofen, und im ganzen Landkreis gibt es 21 weitere, in denen sich 168 Migrantenkinder in 80 Unterrichtsstunden auf das erste Grundschuljahr vorbereiten, schreibt die «Landauer Neue Presse» am 10. November. Obwohl die Zahl der Spätaussiedler und anderer Zuwanderer nach Angaben von Schulamtsdirektor Wilhelm Lindinger sinkt, steige die Zahl der Schulanfänger, die kaum oder kein Deutsch können. In den Familien werde eben die Muttersprache gesprochen. Wer den Kurs besuchen soll, entscheidet sich durch einen standardisierten Sprachtest im vorletzten Kindergartenjahr. Schicken die Eltern ihre Kinder nicht in diesen Kurs, kann die Grundschule später die Einschulung ablehnen, falls sprachliche Defizite bestehen.
Von Altersarmut bedroht
Berlin – Zuwanderer aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien bekommen im Durchschnitt um 20 Prozent niedrigere Renten als die einheimische Bevölkerung. Auch die deutschstämmigen Aussiedler beziehen geringere Altersbezüge als die Durchschnittsbevölkerung in Deutschland, allerdings nur etwa sechs Prozent weniger. Darauf weist das «Personalmagazin» am 8. November hin und bezieht sich mit seinen Angaben auf die Studie „Alterseinkommen bei Zuwanderern“ des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin.
Erst einmal die eigene Geschichte kennen lernen
Kirchheim – In den Integrationskursen, wie sie das Zuwanderungsgesetz auch für Spätaussiedler vorsieht, werden hauptsächlich Sprachkenntnisse erworben. Eine Integration in den deutschen Arbeitsmarkt ist dadurch noch lange nicht gegeben, berichtet der «Teckbote» am 8. November. In der Kirchheimer Volkshochschule finden deshalb jetzt neue Kurse statt, die genau das erreichen wollen. Zum Thema „Identität und Integration“ werden hier junge Spätaussiedler zwischen 18 und 27 Jahren unter anderem bei Kursleiter Wilhelm Marvan „zur besseren Identitätsfindung“ mit ihrer eigenen Geschichte vertraut gemacht. „In den Familien wird eigentlich wenig über die eigene Geschichte gesprochen“, hat Eva Vogelmann, Leiterin der Volkshochschule, festgestellt. Später geht es in den Kursen dann um Qualifikationen für den Beruf. Viele Aussiedler kämen als Melker oder Traktoristen - Ausbildungen, für die es in Baden-Württemberg keine Verwendung gebe. Andererseits verstärkten sich, so Marvan, die wirtschaftlichen Kontakte zu Russland. „Und hier sind dann schon Leute, die mit russischen Geschäftsleuten kommunizieren können.“
Die Integration in Schwung bringen
Riedlingen – Ein „Russland-Deutsches Haus“ gibt es jetzt auch im schwäbischen Riedlingen – zumindest auf Zeit. Bis zum 16. November hat es der ökumenische Arbeitskreis des Ortes für eine Woche in der Kreissparkasse aufgestellt. In dem Haus sollen Einheimische und Spätaussiedler zusammenkommen, um sich „gemeinsam auf die Geschichte der Russlanddeutschen einzulassen“, schreibt die «Schwäbische Zeitung» am 9. November. Ein paar tausend Aussiedler hätten sich seit 1989 im Landkreis niedergelassen, erläuterte Sparkassen-Leiter Gerhard Reichelt. „Wir versuchen, die Integration in Schwung zu bringen.“ Die Unternehmen der Region kämen ohne die Aussiedler nicht mehr aus. Die evangelische Kirchengemeinde in Riedlingen sei durch die Zuwanderer doppelt so groß wie früher. Pfarrer Edgar Born, den die Zeitung als Erfinder des „Russland-Deutschen Hauses“ bezeichnet, forderte zum Besuch der geplanten Veranstaltungen auf: „Die Geschichte der Russlanddeutschen ist es wert, erzählt zu werden.“ Es sei die Geschichte einer Volksgruppe, die weder in russischen noch in deutschen Geschichtsbüchern Niederschlag gefunden habe.
Migranten bringen Nutzen
Loccum – Migranten sind für die aufnehmende Gesellschaft keine Belastung, sondern von Nutzen. „Freilich ist es ein Nutzen, den es zu erschließen und zu fördern gilt“, schreibt die «Süddeutsche Zeitung» am 8. November in einem Bericht über die Tagung „Zugewinn: Migration“ der Evangelischen Akademie Loccum. Auch für Tagungsteilnehmer Martin Kilgus von der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen sind Integrationsangebote keine Zumutung, sondern eine Bringschuld der Aufnahmeländer. Karsten Roesler vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge räumte auf der Veranstaltung mit der Vorstellung auf, schreibt die SZ, die meisten Zuwanderer seien schlecht ausgebildet. Tatsächlich habe Deutschland 220.000 akademisch ausgebildete Spätaussiedler sowie jüdische Auswanderer mit hohem Akademikeranteil aus den GUS-Staaten aufgenommen. Gemangelt habe es ihnen allenfalls an hierzulande anerkannten Diplomen, fachsprachlichen Deutschkenntnissen und Eigeninitiative. Unter den Stichworten „Diversity“ und „Ethno-Marketing“ versuchten inzwischen auch große Firmen, die besonderen Fähigkeiten von Zuwanderern mit so genannter interkultureller Kompetenz gezielt anzuzapfen, schreibt die Zeitung. „Die Wirtschaft ist dort, wo sie ein greifbares Kundenpotential sieht, weiter als die Politik“, zitiert sie Bülent Arslan vom deutsch-türkischen Forum der CDU.