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Hauptproblem Familie Traunreut – Bürgermeister Franz Parzinger ist „höchst ärgerlich, dass so etwas in Traunreut passiert“. Vor dem Jugendzentrum des bayerischen Ortes hatte es eine Schlägerei gegeben, ausgelöst von vier alkoholisierten russlanddeutschen Jugendlichen, denen der Zugang zu einer Klassenparty verwehrt worden war, schreibt das «Trostberger Tagblatt» am 30. Oktober. Erst ein Großeinsatz der Polizei inklusive Polizeihund, der auch zweimal zubiss, konnte die Spätaussiedler bremsen, die einen 17-jährigen Schüler zum Opfer ihres Ärgers machen wollten. Parzinger kann das alles nicht verstehen. „Wir bemühen uns schließlich seit vielen Jahren, die Spätaussiedler zu integrieren.“ Galina Kopp, die ebenfalls seit vielen Jahren die Russlanddeutschen in Traunreut betreut, glaubt nicht, dass junge Aussiedler krimineller als gleichaltrige Deutsche sind. Wenn sie allerdings keine Arbeit haben, machten sie „aus Langeweile Dummheiten“, sagt sie der Zeitung. Das Hauptproblem liege in den Familien, bei trinkenden und gewalttätigen Vätern. Die Jugendlichen seien auch nicht gewohnt, Probleme auszudiskutieren, das werde zu Hause nicht vorgelebt. „Es wird einfach zugeschlagen, auch wenn es sich nur um einen verbalen Angriff handelt.“
Berlin – Die deutsche und die kasachische Regierung werden weiterhin die deutsche Minderheit in Kasachstan „bei der Aufrechterhaltung ihrer nationalen und kulturellen Identität“ unterstützen. Darauf einigten sich der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Bergner, und der kasachische Vize-Außenminister Nurlan Onzhanow auf einer Sitzung der Deutsch-Kasachischen Regierungskommission Ende Oktober in Berlin, heißt es in einer «Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums» vom 31. Oktober. Außerdem unterzeichneten sie das vor zehn Jahren formulierte „Protokoll zur bilateralen Regierungsvereinbarung“, das die Zusammenarbeit beider Länder bei der Unterstützung der Deutschstämmigen regelt. Einen Erfolg der bisher geleisteten Hilfe sieht Bergner unter anderem im Rückgang der Aussiedlerzahlen aus Kasachstan. 2001 seien noch 46.000 Deutschstämmige in die Bundesrepublik gekommen, in diesem Jahr bis einschließlich September nur knapp 1.200.
Oldenburg – Die Universität Oldenburg startet mit diesem Semester den Bachelor-Studiengang „Interkulturelle Bildung und Beratung“, der sich ausschließlich an Zuwanderer richtet und keine Gebühren kostet. Mit dem bundesweit ersten Angebot dieser Art „orientieren wir uns an den besonderen Bedürfnissen, aber auch den besonderen Fähigkeiten vieler Zuwanderer“, so Pädagogik-Professor Rolf Meinhardt in der «Süddeutschen Zeitung» vom 30. Oktober. Wer die Zugangsvoraussetzungen erfüllt, kann hier schon nach zwei Jahren einen deutschen Universitätsabschluss bekommen, statt zum zweiten Mal ein langes Studium absolvieren zu müssen, weil der im Herkunftsland erworbene Abschluss in Deutschland nicht anerkannt wird. „Hochqualifizierte Flüchtlinge, Spätaussiedler und jüdische Immigranten haben es schwer“, schreibt die Zeitung, „einen angemessenen Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu finden.“ Auch der jüngste Ausländerbericht der Bundesregierung beklagt ein „kompliziertes System der Anerkennung von Abschlüssen“ und eine „Entwertung der mitgebrachten Qualifikationen“. Rolf Meinhardt sieht den neuen Studiengang in Oldenburg als Initiative gegen eine absurde Vernachlässigung von Geisteskraft. Für das erste Semester gab es hunderte Anfragen und Bewerbungen. Nur 20 Plätze konnten vergeben werden.
München – Die Russenmafia erobert Bayerns Gefängnisse; unter russlanddeutschen Häftlingen breiten sich mehr und mehr mafiöse Strukturen aus. Das schreibt die «Süddeutsche Zeitung» am 3. November und beruft sich auf einen internen Bericht des bayerischen Justizministeriums. Unter vielen russlanddeutschen Gefangenen, heißt es, herrsche eine strenge Hierarchie, es gebe Anführer und Handlanger. Die „Bosse“ ließen sich von den anderen Mitgefangenen aus der ehemaligen Sowjetunion aushalten. Trotz der beschriebenen Verhältnisse hat die Justizministerin Beate Merk laut Süddeutscher Zeitung betont, die bayerische Regierung schaue nicht tatenlos zu. „Wir dulden in den Anstalten keine rechtsfreien Räume.“ Mafiöse Strukturen würden durchbrochen, indem man russlanddeutsche Gefangene auf alle 36 Gefängnisse des Bundeslandes verteile. „Das funktioniert jedoch nur bedingt“, kommentiert die Zeitung die Äußerungen der Ministerin. |