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„Miteinander"
Weißwasser - Alexander Schlund sucht seine Zukunft im Internet. Am Computer des Aussiedlervereins „Miteinander" sucht der 17-jährige Russlanddeutsche nach einer Arbeitsstelle, „natürlich im Westen, hier gibt es doch nichts", zitiert ihn die «Sächsische Zeitung» am 29. November. Im säschischen Ort Weißwasser leben heute rund 1.500 Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion, und viele von ihnen kommen oft in den vor zwei Jahren gegründeten Verein „Miteinander". Hier hilft ihnen der frühere Forstingenieur Eugen Majewski beim Ausfüllen von Formularen für die Ämter, hier trifft sich der Schachclub, der Chor „Kalinka", hier werden für Jugendliche Sportveranstaltungen organisiert und Literaturabende vorbereitet. „Wir wollen die integrieren, die zugezogen sind, und wir wollen das Zusammenleben mit einheimischen Weißwasseranern fördern", beschreibt Vorsitzende Sylvia Tesla in der Zeitung die Ziele des Vereins. Sie selbst kam 1994 mit ihrer Familie aus Kasachstan nach Sachsen.
Hofplausch
Leverkusen - Ein Glück, dass Hilde Balzer ihren Kater Wassilij nach Deutschland mitgenommen hat, als die heute 65-Jährige Ende Juli dieses Jahres aus dem westsibirischen Tomsk aussiedelte. In einen schlichten Container wurde die Rentnerin nach ihrer Ankunft im nordrhein-westfälischen Leverkusen einquartiert, den sie in Briefen an ihre in Russland lebenden Freunde lieber „Stube" nannte. Auf seinen Erkundungsgängen hat sich der Kater bei netten Leuten eingeschlichen, berichtet der «Kölner Stadtanzeiger» am 30. November. Die hätten Hilde Balzer schließlich bei der Wohnungssuche geholfen. Demnächst kann sie umziehen. Hilfe in der schweren ersten Zeit findet sie auch im Verein „Nasch Dwor - Unser Hof", den Aussiedler und einheimische Leverkusener Ende 2004 gegründet haben, „weil man sich in der alten Heimat abends zum gemütlichen Plausch im Hof traf", wie die Zeitung schreibt. Für die mittlerweile einhundert Vereinsmitglieder ist er fast zu einem Lebensmittelpunkt geworden, und seit August wird hier auch das „Echo" gemacht, eine zweisprachige Zeitung für Spätaussiedler und andere russisch-sprachige Migranten in Leverkusen.
Bettschwere
Weiden - „Wir machen hier gute Arbeit", sagt Helmut Wanninger, Vorsitzender des Athletenclubs im bayerischen Weiden. „Wir holen etliche von der Straße." Im Club wird vor allem geboxt. 20 junge Männer trainieren hier eisern für Wettkämpfe, und die meisten Athleten sind Spätaussiedler, heißt es im Internetdienst «Oberpfalznetz» am 1. Dezember. Seit 1999 ist die Einrichtung, die regelmäßig den Gymnastikraum des örtlichen Gymnasiums nutzen darf, Teil des landesweiten Programms „Integration durch Sport" und erhält so immerhin 2.000 Euro pro Jahr aus dem Bundesinnenministerium. Übungsleiter ist der Russlanddeutsche Wjatscheslav Weber, dritter bayerischer Meister im Schwergewicht. „Nach diesem Training geht niemand auf die Straße", bestätigt sein Cousin und Trainerkollege Eduard Hermann. „Da gehen alle ins Bett." Nicht zuletzt damit, schreibt der Internetdienst, sei der Sinn der Übung erreicht.
Bildungslücken
Berlin - In keinem anderen Industrieland ist der Abstand im Bildungsniveau zwischen Kindern von Zuwanderern und Einheimischen so groß wie in Deutschland. Das zeigt eine dieser Tage in Berlin vorgestellte Untersuchung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Generell gebe es für Migranten in der Bundesrepublik mangelhafte Bildungschancen, und das gelte insbesondere für Aussiedler und Menschen, die aus humanitären Gründen aufgenommen worden seien, berichtet die «Berliner Zeitung» am 3. Dezember aus der Studie. Die Bildungssituation bei russlanddeutschen Aussiedlern habe sich in den 90er Jahren deutlich verschlechtert.
Bildungsreserven
Potsdam - In Ostdeutschland gibt es offenbar kaum Unterschiede im Bildungsniveau zwischen zugewanderten und einheimischen Schülern, wie die «Märkische Allgemeine» am 3. Dezember berichtet. Im Bundesland Brandenburg zum Beispiel schließen 44 Prozent aller Migrantenkinder die Schule mit dem Abitur ab. Das entspricht einem höheren Anteil als unter einheimischen Schulkindern. Zudem ist die Zahl der Schulabbrecher in Brandenburg und anderen ostdeutschen Ländern sehr viel niedriger als in Westdeutschland, schreibt die Zeitung und beruft sich auf eine Studie der Potsdamer Sozialwissenschaftlerin Karin Weiss. Als Grund vermutet die Migrationsforscherin unter anderem die unterschiedlichen Herkunftsstaaten der Ausländer in Ostdeutschland, die zu über 70 Prozent aus Asien (vor allem Vietnamesen) und Osteuropa (vor allem Spätaussiedler) kommen und bildungsorientierter seien als viele Migrantengruppen in Westdeutschland.
Bluttat
Lenggries - Erst wurde dem 52-jährigen Gemeindearbeiter aus dem bayerischen Ort Lenggries der Schädel zertrümmert, dann mit dem Messer in Rücken, Nacken und Bein gestochen und schließlich die Kehle durchgeschnitten. Nach einem mindestens zwanzigminütigen Todeskampf erstickte das Opfer qualvoll an seinem eigenen Blut, wie eine Obduktion ergab. Nach der „schauerlichen Bluttat" warfen die Täter die Leiche aus dem Fenster im zweiten Stock und versenkten sie in der Isar, wo sie wenige Tage später gefunden wurde, berichtet die «Süddeutsche Zeitung» am 29. November. Der Mord geschah Anfang September vergangenen Jahres. Nun stehen die beiden mutmaßlichen Täter in München vor Gericht. Es sind russlanddeutsche Spätaussiedler. Sie sollen es auf das Geld ihres Opfers abgesehen haben. Die beiden stehen unter dem Verdacht, zwei Monate zuvor schon einem anderen Mann aus Geldgier mit einem Hammer den Schädel eingeschlagen zu haben.