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Die Branche braucht einen Neuanfang

Sibirisches Agrarunternehmen sucht Investoren aus Deutschland
Die Branche braucht einen Neuanfang Bundeskanzler Gerhard Schröder im Gespräch mit Andrey Tjutjushev, Generaldirektor der Holding "Sibirische Landwirtschaftliche Gruppe"
Foto: Igor Filippov

omsk (ORNIS) - Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. In Tomsk stellt man sich darauf ein, dass die deutsch-russischen Regierungskonsultationen im Frühjahr nächsten Jahres in der westsibirischen Universitätsmetropole stattfinden werden. Die vorgezogenen Wahlen in Deutschland hatten dafür gesorgt, dass der geplante Septembertermin fallen gelassen werden musste. In der Bevölkerung sind die Erwartungen gleichwohl hochgesteckt. Vom Gouverneur bis zum Taxifahrer spricht man gar vom ‚deutsch-russischen Gipfeltreffen’. Auch Andrey Tjutjushev setzt darauf, dass das politische Großereignis neue Geschäftsfelder für eine Zusammenarbeit mit deutschen Investoren öffnet. Der 30-Jährige steht an der Spitze der „Sibirischen Landwirtschaftlichen Gruppe“, des größten Agrarbetriebs im Gebiet Tomsk.

Als Andrey Tjutjushev von den Plänen der deutsch-russischen Regierungskonsultationen in seiner Heimatstadt erfuhr, hielt er sich gerade in Berlin auf. Gemeinsam mit Unternehmen und Wirtschaftsverbänden stellte sich das Gebiet Tomsk im April der deutschen Öffentlichkeit und möglichen Geschäftspartnern vor (siehe ORNIS-Bericht). Hier entstand auch eine Projektidee, mit der Tjutjushev russische wie deutsche Investoren ins gemeinsame Boot holen will – ein Vorhaben, das in Russland seinesgleichen suche.

In Westsibirien will die Sibirische Landwirtschaftliche Gruppe Betriebe zur Produktion von Rind- und Schweinefleisch sowie zur Milchproduktion errichten. Gedacht ist an die Haltung von 200.00 Schweinen, 20.000 Rindern und 5.000 Milchkühen. Die Unternehmensgruppe unterhält bereits heute zwölf Betriebe nicht nur in der Region Tomsk, sondern auch in Kemerowo, Omsk, Krasnojarsk und Asino. Tjutjushev plant, Vorzeigebetriebe mit moderner europäischer, vor allem deutscher Technologie zu schaffen, die modellhaft für andere Viehzuchtunternehmen in Russland wirken können.

Dass russische Landwirtschaftsunternehmen im internationalen Wettbewerb mithalten können, ist für Tjutjushev keine Frage – vorausgesetzt, moderne Technik und die Kenntnisse westlicher Kollegen helfen mit, den Wirtschaftszweig nach vorn zu bringen. Und gerade hier drückt der Schuh: Nicht nur arbeiten die Betriebe vielfach mit veralteter und reparturanfälliger Technik, auch um die Qualität des Tierbestandes habe sich in den vergangenen 15 Jahren kaum jemand gekümmert, klagt Tjutjushev. Daher denkt der Jungunternehmer gar nicht erst daran, mit kleinen Schritten punktuell Verbesserungen zu erreichen – seine Credo ist vielmehr: die Branche braucht einen Neuanfang.

Die Kosten für dieses ambitionierte Projekt sollen rund 200 Millionen Euro betragen. Dafür sind mehrere Zuchtbetriebe in der Region Tomsk geplant  sowie eine Anlage für Schweinehaltung im Großraum Jekaterinburg. Auch wenn von enormen Stückzahlen die Rede ist, will  Tjutjushev nicht länger klassische Massentierhaltung praktizieren, sondern kleinere Einheiten errichten – wegen Umweltschutz und Tiergesundheit. Für sein Projekt sucht er zahlungskräftige Investoren im Ausland, vorzugsweise aus Deutschland. Sein Ziel: ein deutsch-russisches Gemeinschaftsunternehmen.

Im August hatte die Sibirische Landwirtschaftliche Gruppe Gelegenheit, ihr Vorhaben in Deutschland vorzustellen. Auch aus der Politik kam Ermutigung. Bei einem Empfang deutscher und russischer Geschäftsleute in den letzten Augusttagen beim Bundeskanzler hörte sich Gerhard Schröder die Pläne aus Tomsk an und – so Tjutjushev – zeigte sich beeindruckt. Jetzt beginnt die Feinarbeit der Projektgestaltung. Kürzlich waren Vertreter eines international tätigen Großunternehmens aus Nordrhein-Westfalen in Tomsk, das Fütterungsanlagen und Stalleinrichtungen für die moderne Tierhaltung entwickelt.  (© ORNIS, 29. September 2005)

 
Links zum Thema
- Entwicklungsagentur des Gebietes Tomsk

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