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Auf tönernen Füssen

Rechtsgrundlagen der Kulturautonomien sind nicht mehr zeitgemäß

Die Verbände der Kulturautonomien in Russland stehen vor zusätzlichen Aufgaben, auch muss man bei der Finanzierung der Aktivitäten neue Wege gehen. Die derzeitigen Regelungen sind nicht mehr zeitgemäß. Diese Ansicht vertrat Josef Dukwen, Präsident der Assoziation „Sodruschestwo“ (Vereinigung nationaler Kulturautonomien im Gebiet Nowosibirsk) bei einer internationalen Konferenz in der westsibirischen Metropole.


Nowosibirsk, im August 2007 - In seinem Vortrag zum Thema „Eintracht und gegenseitiges Verständnis zwischen ethnischen Gruppen nicht nur in Worten sondern auch in der Tat“ äußerte sich Josef Dukwen, Präsident der Assoziation „Sodruschestwo“ im Verwaltungsgebiet Nowosibirsk, zu einigen zentralen rechtlichen Aspekten bei der Entwicklung und Förderung  nationaler Kulturautonomien. [...]

Valerij Tischkow, Direktor des Instituts für Ethnologie und Anthropologie und Vorsitzender des Duma—Ausschusses für Toleranz und Gewissensfreiheit, hatte kürzlich in einem Vortrag bemängelt, dass die derzeitige rechtliche Basis in diesem Bereich den Erfordernissen der Zeit nicht entspricht. Gesetze, die die Beziehungen zwischen den Nationalitäten regeln, würden sich sogar zum Teil widersprechen und trügen nicht zur Klarheit im Betätigungsfeld ethnisch—kultureller Organisationen bei.

Das ist in der Tat so. Nehmen wir z. B. das Föderale Gesetz „Über die nationale Kulturautonomie“ vom 17. Juni 1996. In Artikel 1 [...] wird festgestellt, dass die Kulturautonomie eine gesellschaftliche Vereinigung ist. Eine völlig klare Feststellung. Wozu aber dann ein eigenes Gesetz? Hätte es dann nicht genügt, die bestehenden Gesetze über gesellschaftliche Vereinigungen und nichtkommerzielle Organisationen entsprechend zu ergänzen oder abzuändern?

Noch mehr Verwirrung stiftete der Beschluss Nr. 5 des Verfassungsgerichts der Russischen Föderation vom 3. März 2004, in dem festgelegt wurde, dass es auf der Ebene der Föderation, innerhalb eines Subjektes der Föderation oder in einer Kommune stets nur eine Autonomie einer Nationalität geben dürfe. Damit stand plötzlich eine Vielzahl von Organisationen außerhalb der Zuständigkeit des für sie eigentlich geltenden Gesetzes. In Zahlen ausgedrückt erstreckte sich das Gesetz nur noch auf 621 nationale Kulturautonomien (entsprechend einer Statistik aus dem Jahre 2006), während einige zehntausend Organisationen mit mehreren Millionen Mitgliedern davon plötzlich ausgeschlossen waren. Immerhin „kann“ eine nationale Kulturautonomie staatliche Förderleistungen erhalten. Von anderen Organisationen mit einem ähnlichen Profil ist dabei keine Rede.

Deshalb müssen für die Kulturautonomien die Hauptaufgaben neu bestimmt werden, die sich nicht ausschließlich auf den Erhalt der Kultur und der Identität nationaler Gruppen konzentrieren sollten, sondern auch auf die Integration in den gesellschaftlichen Rahmen und das gegenseitige Verständnis im Umfeld der betreffenden Autonomie. [...]

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Finanzierung der Organisationen. Diese ist nach dem Gesetz über die Kulturautonomien nur eine Kann—Bestimmung. Der Staat ist dazu also nicht verpflichtet. Tatsächlich erhält der überwiegende Teil der Kulturautonomien auch keinerlei staatliche finanzielle Unterstützung, und geschieht es doch, dann nur dank des guten Willens der zuständigen örtlichen Behörden. Nicht umsonst prüft die Staatsduma erneut den Gesetzentwurf „Über die Art der Bildung und Verwendung zweckentsprechend eingesetzten Kapitals nichtkommerzieller Organisationen“.

Allerdings ist das nur eine Möglichkeit zur Lösung des Problems. In der Praxis sieht es so aus, dass gesellschaftliche Organisationen, die ethnisch—kulturellen eingeschlossen, nach neuen Methoden zum Erwerb von Mitteln suchen müssen, mit denen sie ihre Tätigkeit finanzieren können. Schließlich sind Subventionen oder Projekte bei weitem nicht für alle eine zuverlässige Finanzquelle. Aus Kontakten zu vielen Leitern verschiedener Organisationen aber weiß ich: Viele haben sich einfach zu sehr daran gewöhnt, auf die hundertprozentige staatliche Finanzierung zu setzen. Andererseits darf aber auch der Staat nicht vergessen, dass Nationalitätenprobleme eine staatliche Angelegenheit sind. [...]

Quelle: „Dialog civilizacij i kul’tur”,
Sibirische Zeitung plus Nr. 13/14 (136/37), Juli 2007, S. 4;
Übersetzung: Norbert Krallemann


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