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5. bis 11. Januar
Hilfe beim Arztbesuch

Osnabrück – Am Anfang ging es allein um Flüchtlinge und Asylbewerber. Ihnen sollte das ‚Spuk‘-Projekt (Sprach- und Kulturvermittlung) der Caritas dabei helfen, das deutsche Gesundheitssystem zu durchschauen – wie etwa ein Arztbesuch abläuft oder wie die Krankenkassen arbeiten, berichtet die »Neue Osnabrücker Zeitung« am 5. Januar. Das Hauptaugenmerk aber galt denjenigen, die dieses Wissen vermitteln sollten. Sie waren ebenfalls Flüchtlinge oder geduldete Ausländer aus Ländern wie Afghanistan oder Togo. Zwei Jahre dauerte ihre Qualifizierung zum Sprach- und Kulturvermittler, die damals vom Landkreis Osnabrück finanziert wurde.

Ab 2004 wurde ‚Spuk‘ bei den Ärzten und Krankenhäuser bekannt gemacht, weil hauptsächlich sie es waren, die die Vermittler hinzuziehen sollten. Mittlerweile wird das Projekt auf „alle Migranten mit Verständigungs- und Verständnisproblemen“ erweitert, heißt es in der Zeitung weiter. Neben dem Gesundheitswesen würden beispielsweise nun auch die Jugendämter die Vermittler in Anspruch nehmen. Derzeit seien 33 Menschen mit unterschiedlichen Biografien im ‚Spuk‘-Einsatz, „vom Spätaussiedler über den Geduldeten bis zum Eingebürgerten“. Das Projekt laufe noch bis mindestens Ende 2010.


Bedienungsanleitung für Deutschland

Löhne – „Wer angeln will, braucht einen Schein. Hunde dürfen nicht frei auf der Straße herumlaufen. Rente gibt`s erst ab 65. Deutschland ist kompliziert, besonders für Spätaussiedler“, heißt es in der »Neuen Westfälischen« am 5. Januar. Weil dies so sei, habe Richard Wolf vor acht Jahren beschlossen, eine Zeitung für Russlanddeutsche zu gründen  als „Bedienungsanleitung“ für Deutschland. ‚Rajonka‘ nennt sich das 48-seitige Monatsblatt, das in einer Auflage von 140.000 Exemplaren bundesweit an Abonnenten verschickt wird. Hergestellt wird es von WEM Media mit Sitz in Löhne. Richard Wolf ist Geschäftsführer, Irina Filonov Chefredakteurin und einzige festangestellte Journalistin. Alle Verlagsmitarbeiter stammen aus Russland, berichtet die Zeitung weiter. In ‚Rajonka‘ gehe es weniger um Politisches als darum, die Regeln und Gesetze in Deutschland zu erklären. Thematische Anregungen kämen aus den vielen Zuschriften der Leser.


Bayern will Herkunft von Straftätern erfassen

Wildbad Kreuth - “Neben der Staatsangehörigkeit muss auch die Herkunft von Tatverdächtigen in der Kriminalstatistik erfasst werden. Differenzierte Daten zur Straffälligkeit einzelner Bevölkerungsgruppen sind für eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung wichtig. Bayern wird daher mit Hochdruck daran arbeiten, wie künftig die Herkunft von Straftätern in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfasst werden kann”, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann zu einem entsprechenden Vorschlag der CSU-Landesgruppe auf ihrer Klausurtagung in Wildbad Kreuth, wie der Online-Dienst »Cop2Cop« am 9. Januar berichtet. Hermann habe betont, dass die Erfassung allein der Staatsangehörigkeit von Straftätern nicht mehr ausreiche. Besonders junge Menschen hätten von den verbesserten Einbürgerungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht. Damit würden sie zur deutschen Bevölkerung zählen, hätten aber einen Migrationshintergrund. Ähnliches gelte für Aussiedler, denen die deutsche Staatsbürgerschaft gesetzlich zustehe. Hermann: „Dieser Migrationshintergrund wird in der gegenwärtigen Kriminalstatistik nicht ausreichend berücksichtigt.“


Sind Russlanddeutsche Migranten?

Berlin – Das inzwischen bundesweit als beispielhaft geltende Intensivtäter-Konzept wie auch die Sozialprojekte für Jugendliche aus Migrantenfamilien hätte es in Berlin ohne den Mut zur Wahrheit in der Kriminalitäts-Statistik nicht gegeben, schreibt der »Tagesspiegel« am 6. Januar und meint die offenbar politisch umstrittene Praxis der Berliner Polizei, bei der Erfassung von Straftätern deren Herkunftsland mit anzugeben. Der unverstellte Blick habe auch die Debatte über Problem-Stadtteile und die Gefahr von Parallelgesellschaften vorangebracht. Selbstverständlich stehe ein Rechtsstaat in der Pflicht, sich ständig zu korrigieren und zu fragen, wann solche Datenerhebungen Grenzen überschreiten und wirklich diskriminierend werden, heißt es in der Zeitung weiter. „Dazu gehört auch die Frage, wie lang ein Deutscher noch als Migrant gelten darf oder ob Russlanddeutsche überhaupt als Migranten zu zählen sind.“


Integrationsseminar der Hanns-Seidel-Stiftung

Bad Reichenhall – Spätaussiedlern aus Russland und anderen Nachfolgeländern der ehemaligen Sowjetunion fällt die Eingewöhnung in Deutschland nicht immer leicht, schreibt das »Trostberger Tagblatt« am 9. Januar. Hilfestellung sollte deshalb ein Seminar der Hanns-Seidel-Stiftung vermitteln, das dieser Tage in Bad Reichenhall stattfand. Es war bereits die zweite Veranstaltung dieser Art. Schon im Dezember hatte das CSU-nahe Bildungswerk ein Integrations-Seminar angeboten. Diesmal sei die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland Mitveranstalter gewesen. Thema waren die Lebensverhältnisse vor Ort und die Hilfestellungen gewesen, die das Eingewöhnen in Deutschland, konkret im Landkreis Berchtesgardener Land durch zahlreiche Betreuungs- und Beratungsstellen erleichterten.


Aussiedlerkolleg verliert Eigenständigkeit

Geilenkirchen – Seit fast 35 Jahren werden im Geilenkirchener Eichendorff-Kolleg hauptsächlich Schüler aus Russland, der Ukraine und Kasachstan unterrichtet, die in einem zweijährigen Lehrgang das deutsche Abitur machen, weil der aus den Herkunftsländern mitgebrachte Schulabschluss hier nicht anerkannt wird, berichtet die »Aachener Zeitung« am 8. Januar. Tausende Schüler habe das Kolleg mit Hochschulreife verabschiedet, doch inzwischen seien die Schülerzahlen derart drastisch zurückgegangen, dass das Kolleg für Aussiedler und Kontingentflüchtlinge als eigenständiger Schulstandort aufgegeben werden müsse. Die Lehrgänge würden nun in die Anita-Lichtenstein-Gesamtschule integriert, schreibt die Zeitung. Die Trägerschaft für das Kolleg gehe jetzt vom Land Nordrhein-Westfalen auf die Stadt Geilenkirchen über.


Integration aus Sicht der Spätaussiedler

Lahr – „Mir ging es um die Sichtweisen der Spätaussiedler“, schreibt die Freiburger Volkskundlerin Nadine Bartels in ihrem Buch „Symbol misslungener Integration? Zur ethnischen Kolonie russlanddeutscher Migrantinnen und Migranten in Lahr“. Mit der Veröffentlichung, die als überarbeitete und erweiterte Magisterarbeit erschienen ist, habe sie „einen Einblick in die Lebenssituation einer Zuwanderergruppe“ geben wollen, „über die man viel spricht, aber letztlich wenig Verlässliches weiß“, heißt es dazu in der »Badischen Zeitung« am 10. Januar. Die Autorin habe für das Buch nicht nur viele Gespräche geführt, sondern auch gründlich im Archiv recherchiert und die Lahrer Örtlichkeiten vom Kindergarten bis zum Supermarkt angesehen. Das wichtigste Verdienst aber sei, dass sie die Demütigungen und Abwertungen, die viele Russlanddeutsche in ihrer zweiten Heimat erfahren mussten, deutlich herausgearbeitet habe. Im Interview mit der Zeitung räumt Bartels ein, wegen fehlender Russischkenntnisse habe sie nur mit Spätaussiedlern sprechen können, die gute Deutschkenntnisse besaßen.


„Nicht mehr jeden Tag Kartoffeln“

Friedland – „Die Spätaussiedler aus der früheren Sowjetunion mögen gerne Kartoffeln“, sagt Heinrich Hörnschemeyer, Leiter des Grenzdurchgangslagers Friedland der »Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen« am 9. Januar. Die Köche der Einrichtung müssten sich bald auf ganz andere Geschmacksrichtungen einstellen: In Friedland würden in den kommenden Wochen die ersten der 2.500 Irak-Flüchtlinge erwartet, die Deutschland aufnehmen wolle. Sie fänden vorübergehend genug Platz in den Häusern, die derzeit für Spätaussiedler nicht benötigt würden. Sollten sie demnächst eintreffen, werde es „ganz bestimmt nicht jeden Tag Kartoffeln geben“.


Integration durch Bauland-Quote?

Holdorf – Anfang der 1990er Jahre haben sie auch Kommunen im Landkreis Vechta eingeführt: die Quotenregelung bei der Vergabe von Bauplätzen für Aussiedler, berichtet die »Oldenburgische Volkszeitung« am 10. Januar. Damals sei die Politik vielerorts überzeugt gewesen, mit dieser Regelung die Integration der Russlanddeutschen zu ermöglichen. Heute, nach fast 20 Jahren, gebe es diese Restriktion immer noch, „aber sie muss wohl auf den Prüfstand“. Denn die Quotierung von Bauland widerspricht generell dem Grundgesetz, wie die Kommunalaufsicht in Vechta dieser Tage mitteilte.

Die Bewertung geht auf eine Beschwerde der Russlanddeutschen Swetlana Luft zurück. Die 20-jährige hatte sich mit ihrem ebenfalls russlanddeutschen Ehemann Viktor in der Gemeinde Holdorf um ein Grundstück beworben. Obwohl genügend Bauland vorhanden war und weiterhin vorhanden ist, sei sie wegen der Quotenregelung auf eine Warteliste gesetzt worden. Die beiden Lufts, die ein drei Monate altes Kind haben, kamen beide als Kinder nach Deutschland und fühlen sich schon lange in Holdorf zuhause, schreibt die Zeitung. „Die Schule habe ich in Deutschland besucht, die letzten fünf Jahre davon in Holdorf. Ich sehe mich als Deutsche an“, schrieb Swetlana Luft zunächst vergeblich in einem Brief an ihre Gemeinde. Sie verstehe nicht, dass bei der jungen Generation von Aussiedlern, die meist in Deutschland aufgewachsen ist, nach wie vor die Quotenregelung angewendet werde. Erst ein Schreiben an das niedersächsische Innenministerium, so das Blatt, habe Bewegung in die Geschichte gebracht.
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