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„Kulturmischlinge“
Berlin – Ob Deutsche Bank, E-Plus oder Volkswagen – Firmen und Werber in Deutschland entdecken die Minderheiten, schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» am 31. August. Als kürzlich das Fachblatt „Horizont“ zur Tagung „Interkulturelles Marketing“ nach Frankfurt bat, seien Firmen aller Größen dabei gewesen. „Ethnomarketing ist das Gebot der sich verändernden Gesellschaft“, sagt Andreas Goldberg vom Essener Zentrum für Türkeistudien. Der neue Kunde sei ein „Kulturmischling“, meint Akin Duyar, Chef einer Berliner Agentur für interkulturelles Marketing namens Cumin. Derzeit konzentriere sich Ethnomarketing noch stark auf die Türken mit ihren 17 Milliarden Euro Kaufkraft im Jahr, so das Blatt. Die zweite große Gruppe, jene der Russen und Russischstämmigen, gelte in der Branche als schwierig. Sie seien nicht so gemeinschafts- und wertorientiert wie die Türken, hätten einen Hang zum Luxus – wofür es aber keine Ethnowerbung brauche. Zudem könnten Russen und Russlanddeutsche kaum unterschiedlicher sein. In einer Publikation zur „Horizont“-Tagung hätten gleich zwei Inserenten mit vier Millionen „Russischsprachigen“ und deren Kaufkraft von 40 Milliarden Euro geworben. Die Crux aber sei: Dazu gehören auch Russlanddeutsche, Balten oder Mittelasiaten. „Es ist ja bekannt, wie sehr die sich alle mögen“, zitiert die Zeitung einen anonymen Osteuropakenner.
Selbstverteidigung im Sportverein
Heidenheim – Was geschieht, wenn Spätaussiedler eine hierzulande unbekannte russische Sportart in einem traditionellen schwäbischen Verein heimisch machen wollen, fragt die «Südwest-Presse» am 29. August. Sie müssen die Werbetrommel rühren, Berührungsängste überwinden und auf die Einheimischen zugehen, antwortet die Zeitung selbst und berichtet über den Trainer Vladilin Molokov Matten, dem es gelungen ist, die judo-ähnliche Zweikampfsportart Sambo in den Heidenheimer Sportbund (HSB) zu integrieren. Seit einiger Zeit gibt es sogar eine richtige Sambo-Abteilung beim HSB, der zu den zehn größten baden-württembergischen Sportvereinen zählt. 50 Jugendliche, darunter auch Mädchen, üben sich inzwischen in Sambo, der Abkürzung für Samosaschtschita (Selbstverteidigung ohne Waffen). 70 Prozent von ihnen sind Kinder von Spätaussiedlern. Beim Training wird deutsch gesprochen, darauf hat der HSB-Vorsitzende Volker Wiedenmann bestanden und sagt: „Dass sie versuchen wollten, Russlanddeutsche von der Straße zu holen, hat sehr gut zu unseren sozialpolitischen Vorstellungen gepasst.“ Im Verein hätten sich Judoka und Sambo-Kämpfer aneinander gewöhnt. Eduard Marker, stellvertretender Leiter der Sambo-Abteilung meint: „Wir bereichern uns gegenseitig. Ich sehe das durchaus als interkulturellen Dialog.“
Kein Aussiedlerwohnheim mehr in Bayern
Pfaffenhofen – Bis Mitte 2009 sollte das Übergangswohnheim für Spätaussiedler im Pfaffenhofener Kreuzloh noch geöffnet sein. Nun ist es doch schon vorher geschlossen worden. Im Mai lebten noch 38 Russlanddeutsche hier, Mitte Juli hatte jeder von ihnen eine Unterkunft in Privatwohnungen gefunden, schreibt der «Donau-Kurier» am 30. August. Eine Fortführung des Wohnheims sei nach Auskunft der Behörden wegen der rückläufigen Spätaussiedler-Zahlen nicht mehr wirtschaftlich gewesen. Künftig werde es im Freistaat Bayern keine Heime mehr für neu ankommende Aussiedler geben. Das Pfaffenhofener Haus war erst im Juni 2004 eröffnet worden. Seither hatten 182 Menschen – 53 Familien und 22 Einzelpersonen hier ihre erste Unterkunft gefunden. In Zukunft würden nur noch etwa 20 Spätaussiedler jährlich in den Landkreis vermittelt werden.