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Wo liegt Mantakistan? - Seite 4
Als es mit den noch immer rund fünfzig Hammerwerken schließlich in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, nachdem die erste Fabrik eröffnet worden war, in der man billigere Pressware herstellte, den Bach hinunter ging, war es auch um die alte Kulturtradition nicht mehr gut bestellt: Jetzt landete man endgültig auf dem Abstellgleis der deutschen Geschichte.
Die Alten versuchen – zumindest für sich selbst – die mantakischen Traditionen hochzuhalten, von der Jugend werden indes die Bräuche und die Sprache immer weniger gepflegt, sodass schon alles verschwimmt. „Wir sind hier schon eine gemischte Ware“, sagt einer der Alten, einer aus dem Clan der Gedeons, mit trockenem Humor. Er spreche auch Slowakisch und so viel Ungarisch, dass man ihn nicht verschaukeln könne, die „Magyaronen“ seien schließlich Schlitzohren.
Just in Metzenseifen wurde im Herbst 1990 der „Karpatendeutsche Verein in der Slowakei“ gegründet. Nach historischen Gebieten gliedert sich der Verein, der lokal in Ortsgruppen organisiert ist, in fünf Regionen auf, von denen eine das Bodwatal und seine Umgebung umfasst. Die anderen vier Regionen sind die Gegend um Pressburg, das Hauerland um Kremnitz und Deutsch Proben, die Unterzips und die Oberzips. Der Verein vertritt die Interessen jener Bürger, die sich zu dieser Minderheit bekennen, kämpft gegen ihre Diskriminierung, versucht die Geschichte, Kultur und Sprache durch verschiedene Aktivitäten, vor allem auch durch die Abhaltung von Sprachkursen, hochzuhalten. Seit 1992 erscheint in Poprad, dem alten Deutschendorf, monatlich mit dem Karpatenblatt eine eigene Zeitung. In Stuttgart kommt ebenfalls ein Monatsblatt heraus, die Karpatenpost, die von der dort ansässigen „Karpatendeutschen Landsmannschaft“ herausgegeben wird.
Die Ortsgruppe des „Karpatendeutschen Vereins“ in Metzenseifen verfügt sogar über eine eigene Immobilie, das „Haus der Begegnung“. Darin ist eine kleine Bibliothek untergebracht, können Veranstaltungen abgehalten und Feste gefeiert werden. Walter Bistika, Vorstandsmitglied in der Ortsgruppe und kenntnisreicher Ortschronist, führt interessierte Besucher durch das Haus. Es ist ihm ein Bedürfnis, die Geschichte und Identität der Mantaken von ihren Anfängen bis in die Gegenwart nachvollziehbar zu machen. Man merkt, dass er die gute Seele dieser Kultur ist, die zu einer Minna der Provinz verkommen und schon fast verloren ist.
Sieben Stunden Deutschunterricht in der Grundschule, die nun auch wieder „Deutsche Grundschule“ heiße, hätte man zwar durchsetzen können, die Qualität des Unterrichts, der durch slowakische Kräfte erfolge, sei aber leider äußerst schlecht, einen deutschen Gastlehrer gebe es hier schon lange nicht mehr. Im Sommer werde auf Initiative des Vereins ein Deutschkurs abgehalten, doch während man sich früher der Anmeldungen nicht erwehren hätte können und sogar Kinder hätte abweisen müssen, sei auch hier das Interesse zurückgegangen.
Ein breiter Graben trennt die Generationen, von der Jugend sei keine Initiative zu erwarten, obwohl die deutsche Sprache für sie doch eine Chance bedeuten könne, meint Bistika und versteht ihre schmale Weltsicht nicht. Aber auch die Alten seien nicht mehr leicht zu motivieren, blieben Festen fern und beteiligten sich kaum am geselligen Leben. Immerhin ein harter Kern von fünf, sechs alten Kameraden versammle sich jeden Sonntag nach dem Kirchgang. „Da wird die Messe noch auf Deutsch gelesen, das heißt, die Lesung ist auf Deutsch, gepredigt wird auf Slowakisch. Unser Pfarrer kann leider Deutsch nur lesen“, erklärt Bistika.
Im Vereinslokal werde dann Kaffee getrunken und Billard gespielt von den „kindischen Knaben“. Für den Gesangsverein, dem er vorsteht, hat Walter Bistika ein Durchschnittsalter von 66 Jahren errechnet. „Der vierstimmige Gesang ist in den letzten Jahren zweistimmig geworden, wir terzen eben ein bisschen herum“, sagt er schmunzelnd. Zwischendurch sucht der Mann nach ein paar mantakischen Begriffen, und es fallen ihm auch welche ein: „Tschüschanrömpel“ bezeichne das Gefäß, das flüstert, also „natürlich Flieder“, der „Herrgottsrüssel“ sei der Marienkäfer und das „Grütztöppachen“ das Maiglöckchen.