6. bis 12. Oktober
Ein Stück HeimatWiesbaden – Bonbons, Pralinen und Schokolade, so weit das Auge reicht. Dazu gesüßte Kondensmilch, geräucherter und eingesalzener Fisch, eingelegtes Gemüse, Hackfleisch und sämtliche Zutaten, die man für Borschtsch oder Pelmeni braucht – all das bietet der Supermarkt von Ewald Schulz, berichtet der »
Wiesbadener Kurier« am 6. Oktober. Der 31-jährige führt das russische Spezialitätengeschäft in Klarenthal seit 2001.
Eigentlich hat der Russlanddeutsche, der 1987 mit seinen Eltern aus Kasachstan nach Deutschland kam, Maschinenbau studiert, aber früh erkannt, dass er mit dem Supermarkt gut verdienen kann. „Ich bin mein eigener Chef – was will ich mehr“, zitiert ihn die Zeitung. Neben Lebensmitteln können die Kunden, zu 80 Prozent Spätaussiedler, in dem Laden auch Filme, Musik-CDs, Zeitungen und Bücher in russischer Sprache kaufen. Mit der Zeit habe sich das Geschäft zu einem beliebten Treffpunkt entwickelt: „Früher oder später trifft man sich hier“, sagt Ewald Schulz. Für seine Kundschaft sei es ein Stück Heimat.
Talent im LandUlm – Vor drei Jahren kam Alexandra Lutzev aus Sibirien nach Erbach bei Ulm und sprach kein Wort deutsch, heißt es in der »
Südwestpresse« am 9. Oktober. Umso beeindruckender sei es, dass die heute 18-jährige Schülerin als ‚Talent im Land‘ ein Stipendium der Robert-Bosch-Stiftung und der Landesstiftung Baden-Württemberg bekommen hat. Die Förderung für besonders begabte Zuwanderer wird jedes Jahr an 50 Schüler vergeben, die unter Hunderten von Bewerbungen ausgesucht werden. Die vergangenen drei Jahre seien für sie kein Zuckerschlecken gewesen, berichtet die Zeitung weiter. Denn schon in Sibirien habe sich die damals 15-Jährige vorgenommen, unbedingt aufs Gymnasium zu gehen.
An dem Stipendium, das ihr eine monatliche Unterstützung von 150 Euro sichert, mag sie insbesondere die Treffen mit anderen Stipendiaten bei Studientagen oder Ausflügen: „Wir haben alle ähnliches erlebt“, sagt sie. Jüngst seien sie zu einem Gespräch mit Ministerpräsident Günther Oettinger über Bildung und Integration eingeladen worden. Da hätte sich der Politiker durchaus mal aus erster Hand informieren können, kritisiert das Blatt: „Doch es war andersrum: Die Schüler durften ihm Fragen zum deutschen Bildungssystem stellen.“
Fast täglich neue SchülerWildflecken – Mit den beiden Familien Schula und Kubicki fing der Zuzug von Aussiedlern im unterfränkischen Wildflecken an. Sie waren die Vorhut von Tausenden von Menschen, die seit 1988 für Wochen, Monate oder Jahre im Übergangswohnheim Oberwildflecken lebten, berichtet die »
Main-Post« am 10. Oktober. Am Anfang seien nicht alle Gemeinderäte begeistert gewesen über die Zuwanderung. Es gab Bedenken, ob die zahlreichen „neuen Bürger aus fremden Ländern“ in der damals knapp 2.700 Einwohner zählenden Gemeinde integriert werden könnten. Die „Aussiedler-Problematik“ war in den folgenden Jahren immer wieder zentrales Thema in Wildflecken, so die Zeitung. Fast täglich mussten sich Lehrer und Erzieherinnen auf neue Kinder einstellen; vorübergehend seien Klassenzimmer im Feuerwehrgerätehaus eingerichtet worden, weil die Schule aus allen Nähten platzte. Wohnraum gab es genug, seit die US-Armee 1994 aus Wildflecken abgezogen war. Etliche dieser Wohnungen werden heute noch von den rund 600 Aussiedlern bewohnt, die auf Dauer hier sesshaft geworden sind. Andere wiederum haben Eigenheime gebaut oder gekauft.
Einträgliche VerlegenheitslösungEuskirchen – Seit Juni dieses Jahres handelt Daniel Gau mit Schwertern, Kettenhemden, mittelalterlichen Helmen, Ritterrüstungen und anderen Gegenständen, die sich als „Gewandungen“ für Mittelalter-Spektakel eignen. Gau ist Inhaber des Geschäfts „Zeughaus“, das sich auf die Ausstattung für das so genannte Live Acting Role Playing, kurz Larp, spezialisiert hat, schreibt der »
Kölner Stadtanzeiger« am 10. Oktober. Die Kunden kommen aus ganz Deutschland, sagt Gau. „Das Hauptgeschäft läuft übers Internet.“ Der 25-Jährige lebt recht gut von dem Rollenspiel-Hobby, dem mittlerweile über 100.000 Menschen aller Gesellschafts- und Altersschichten in Deutschland nachgehen. Eigentlich sei die Arbeit im „Zeughaus“ eine Verlegenheitslösung, berichtet die Zeitung. Lange Zeit habe der Spätaussiedler, der mit seiner Familie 1994 aus Sibirien nach Deutschland kam, nach dem Fachabitur in Euskirchen einen Ausbildungsplatz im Einzelhandel gesucht. Trotz guter Noten und etlicher bestandener Einstellungstests wollte ihn niemand einstellen. Gau: „Ich weiß nicht, woran es gelegen hat, Bewerbungen habe ich viele geschrieben.“
„Der Mann ist echt“Remscheid – Bei seinem Besuch in der Gefährdetenhilfe Scheideweg sprach Bundespräsident Horst Köhler auch mit „Offiziellen“ wie den Bürgermeister, den lokalen Bundestagsabgeordneten und den Landrat, „vor allem aber mit den Mitarbeitern und ‚Ex-Knackis‘, wie sich die Bewohner selbst bezeichnen“, heißt es im »
Remscheider Generalanzeiger« am 8. Oktober. In der Baumschule der Einrichtung erzählte George Bayer dem Staatsoberhaupt davon, dass er „ungefähr fünf Jahre im Knast verbracht“ habe. Köhler nahm sich Zeit, mit den Mitarbeitern und ehemaligen Straffälligen, darunter viele Russlanddeutsche, zu sprechen, sich ihre Geschichten anzuhören, berichtet das Blatt. Er selbst habe bei der Gefährdetenhilfe positive Eindrücke hinterlassen. Einhelliges Resümee nach dem Besuch: „Der Mann ist echt.“
„Kultusminister müssen Weichen stellen“Berlin – Jelena P. ist Ingenieurin und hatte, als sie noch in der Ukraine lebte, jahrelang in einem Baukombinat gearbeitet, berichtet »
Neues Deutschland« am 8. Oktober. Jetzt wohnt sie in Dresden und putzt als ‚staatlich anerkannte Reinigungskraft‘ in einem Kindergarten. Kein Einzelfall: In der Bundesrepublik leben rund eine halbe Million Zuwanderer, deren berufliche oder akademische Abschlüsse nicht anerkannt werden, räumt Maria Böhmer, Bundesbeauftragte für Integration, ein. Vor allem die Aussiedler aus der früheren Sowjetunion hätten ein hohes Bildungsniveau, pflichtet ihr die sächsische Ausländerbeauftragte Friederike de Haas in der Zeitung bei. Wer für die lange und häufig vergebliche Anerkennung wissenschaftlicher Abschlüsse zuständig ist, sei schwer zu sagen. Obwohl sie als Beauftragte vom Fach sei, könne sie im Zweifelsfall meist „auch nicht sagen, wen ich wohin schicken müsste“, so de Haas. Nach Ansicht Maria Böhmers müssen auch die Kultusminister Weichen stellen.
Erpressung durch Schock-AnrufeHannover – Seit einigen Wochen mehren sich in Hannover und anderen Städten Niedersachsens Erpressungen durch so genannte Schock-Anrufe, schreibt die »
Neue Presse« am 7. Oktober. Nach Polizeiangaben versuchten Anrufer an Bargeld zu kommen, indem sie beispielsweise über angebliche Unfälle von Angehörigen der Angerufenen berichten. So habe kürzlich ein russisch sprechender Unbekannter von einem aus Kasachstan stammenden Mann sofort 10.000 Euro haben wollen, weil dessen Sohn angeblich einen Autounfall verursacht habe. Nur so könne eine Klage des Unfallopfers abgewendet werden. Die Täter würden gezielt Menschen aus Osteuropa unter Druck setzen.
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