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Das Haus im Westen

Gespräch mit dem Leiter des Deutsch-Russischen Hauses in Kaliningrad
Das Haus im Westen Deutsch-Russisches Haus in Kaliningrad

In diesem Jahr feiern gleich mehrere Deutsch-Russische Häuser ein rundes Jubiläum. Das Deutsch-Russische Haus in Kaliningrad gehört dazu, denn vor 15 Jahren wurde es gegründet. Nun führt mit Viktor Hoffmann zum ersten Mal ein Russlanddeutscher das Zepter im Haus. Larissa Chudikowa hat mit ihm gesprochen.

Kaliningrad, im August 2008 – Bisher hatte immer ein Bundesbürger die Geschicke des Deutsch-Russischen Hauses in der am weitesten westlich gelegenen russischen Provinz gelenkt. Kürzlich wurde der letzte in dieser Reihe, Peter Wunsch, von dem Russlanddeutschen Viktor Hoffmann abgelöst, der seit Gründung des Hauses stellvertretender Direktor war. 1989 hatte er die erste russlanddeutsche Organisation im Verwaltungsgebiet Kaliningrad gegründet, die sich „Eintracht“ nannte und 1993 das Deutsch-Russische Haus gründete.

„Wir haben damals im Gebiet Kaliningrad nicht viel Aufhebens um unsere Sache gemacht, und deshalb wollten wir auch weder die „Wiedergeburt“ noch andere föderale Organisationen, die übermäßig viel und teils auch skandalöse Politik betrieben, in unserem Gebiet haben“, meint Viktor Hoffmann. „Wir haben sogar eine eigen Landsmannschaft und später eine nationale Kulturautonomie gegründet. Alle russlanddeutschen Organisationen haben sich unter dem Dach des Deutsch-Russischen Hauses zusammengeschlossen. Zwischen ihnen gibt es keine Differenzen. Für die Lösung strittiger Fragen ist der Koordinationsrat zuständig. Uns ist es wichtig, dass man uns vertraut und dass nach den bundesdeutschen Direktoren nun endlich alles unter unserer, unter russlanddeutscher Kontrolle ist.

Frage: Haben denn die Russlanddeutschen früher nicht die Situation kontrolliert?
Antwort: Nein, das meine ich nicht. Aber jetzt sind wir stärker involviert. Wir sind das einzige Deutsch-Russische Haus, das zu 80 Prozent von Deutschland finanziert wird, die restlichen Mittel müssen wir selbst aufbringen. Ich persönlich beteilige mich daran mit einem Teil des Gewinns aus meiner unternehmerischen Tätigkeit. Unsere Partner aus der Bundesrepublik haben folgende Einstellung: Das Haus muss nur so viel erwirtschaften, wie es braucht und nicht mehr. Ich denke, das ist falsch. Das Haus ist inzwischen zu klein geworden, und wir könnten auch mehr Mittel gebrauchen. Wir haben in der Stadt bereits zusätzlich Räume für Deutschkurse angemietet. Demnächst müssen wir einige Gruppen verkleinern, weil wir in diesem Jahr 70.000 Euro weniger als im Vorjahr aus Deutschland bekommen haben.

Frage: Welchen Ausweg gibt es für Sie, zusätzlich Mittel zu erwirtschaften?
Antwort: Wir könnten die Deutschkurse kostenpflichtig machen. 60 Prozent der Teilnehmer sind Russlanddeutsche. Wenn alles gut geht, bekommen wir in Kürze die Lizenz dafür. Und noch eine Möglichkeit gibt es. Zum Deutsch-Russischen Haus gehört neuerdings ein Kuratorium, das sich aus erfolgreichen russlanddeutschen Unternehmern zusammensetzt. Diese Unternehmer haben zum Beispiel 70 Prozent der Kosten für Festveranstaltungen wie das 15-jährige Jubiläum übernommen. Allein 500.000 Rubel wurden für Instandsetzungs- und Renovierungsarbeiten aufgebracht.

Frage: Was hören Sie von der Gebietsverwaltung Kaliningrad?
Antwort: Wir sind als nichtkommerzielle Gesellschaft und nicht als Kulturinstitution registriert. Die Gebietsverwaltung hilft uns überhaupt nicht, obwohl wir für alle Bürger der Stadt, für Angehörige aller Nationalitäten da sind. Unser Haus hat in Kaliningrad einen guten Ruf. Künstlern bieten wir, übrigens kostenlos, die Möglichkeit, ihre Werke in unserem Haus auszustellen. […] Und natürlich kann man auch den gemütlichen Biergarten besuchen, der zu unserem Haus gehört.

Frage: Haben Künstler auch in Häusern anderer Nationalitäten diese Möglichkeit? Oder gibt es sonst keine solchen Häuser?
Antwort: Ab September wird es hier auch ein Armenisches Haus geben. Alle anderen Volksgruppen haben keine eigenen Häuser. Daher haben wir jeder Nationalität einmal im Jahr die Möglichkeit geboten, übrigens auch kostenlos, in den Räumen des Deutsch-Russischen Hauses ihre Kultur zu präsentieren. Manchmal haben wir für „fremde“ Großveranstaltungen Geld verlangt. Die Höhe der Summe war aber eher symbolisch. Das Deutsch-Russische Haus war bislang immer ein Haus der Freundschaft.

Frage: Es heißt, Deutsche, die nach Deutschland ausgereist sind, kehren immer öfter nach Kaliningrad zurück, und auch aus anderen GUS-Staaten und anderen Regionen Russlands kommen Deutsche mit speziellen Übersiedlungsprogrammen hierher. Wie sehen Sie diesen Prozess?
Antwort: Dieses Programm ist meines Erachtens nicht gut durchdacht. Übersiedler bekommen beispielsweise 200.000 Rubel [ca. 5.600 Euro, Anm. d. Übers.] für den Erwerb von Wohnraum. Für dieses Geld kann man sich hier aber nichts kaufen. Kinder bekommen 20.000 Rubel. Um sich eine Wohnung kaufen zu können, muss man aber registriert sein, aber ohne Wohnungsnachweis gibt es keine Registrierung. Ein Teufelskreis. Außerdem holt man Leute mit Berufen, die hier sehr schlecht bezahlt werden.

Im Verwaltungsgebiet Kaliningrad leben rund drei- bis viertausend bislang nicht legalisierte Bürger, die nur ihren Sowjetpass haben - und das in der besonderen Situation Kaliningrads als Enklave, umgeben von lauter EU-Staaten. […] Wir leben hier ziemlich abgeschnitten. Es gibt Kinder, die schon fast überall in Europa waren, von Russland aber überhaupt nichts kennen. Manche hört man auch sagen: „Früher habe ich in Russland gelebt, dann bin ich nach Kaliningrad gezogen.“ […]

Quelle: Лариса Худикова: „ Самый западный“,
Larisa Chudikova: „Samyj zapadnyj“,
Moskovskaja Nemeckaja Gazeta vom 29. August 2008;
Übersetzung: Norbert Krallemann


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