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Mainz, im Februar 2008 - „Es ist eine große Ehre für mich, diese hohe Auszeichnung unseres Landes entgegen nehmen zu dürfen, und ich darf sie wohl als eine Auszeichnung nicht nur für mich persönlich betrachten, sondern für die Deutschen aus Russland, für die Menschen, die nach mehr als einem halben Jahrhundert Verfolgungen hierher gekommen sind, um eine Heimat zu finden.“ Mit diesen Worten bedankte sich Nelli Kossko für die Überreichung des Bundesverdienstkreuzes.
Bei einer Feierstunde im rheinland-pfälzischen Innenministerium stellte Minister Karl Peter Bruch am 28. Januar fest: „Ob auf kommunaler Ebene oder als bundesweit bekannte Journalistin - stets lagen und liegen Ihnen die Menschen am Herzen, die Sie mit ihrem Engagement zusammenbringen möchten.“ Nelli Kossko ist seit 2001 in Reiferscheid (Kreis Altenkirchen) zu Hause. Wie sehr ihr Engagement geschätzt wird, belegt die Tatsache, dass der Vorschlag für die Auszeichnung gemeinsam vom Land Rheinland-Pfalz und vom Kreis Altenkirchen kam.
Seit vielen Jahren engagiert sich die 70-Jährige für eine bessere Verständigung zwischen den Deutschen aus Russland und Einheimischen. Die Basis zu ihrem Engagement sind gewiss auch die Erfahrungen, die sie in Kriegs- und Nachkriegszeit machte und die sie schriftstellerisch festgehalten hat.
In über 30 Jahren hat sie zahlreiche Aktionen organisiert – Demonstrationen und Unterschriftensammlungen, Aussiedlertreffen und Kulturtage der Russlanddeutschen. Lange Jahre engagierte sie sich in der Landsmannschaft – 1980 bis 1982 als Mitglied im Bundesvorstand, 1999 wurde sie erneut in den Bundesvorstand gewählt. Für ihre Arbeit erhielt sie 2007 die Goldene Ehrennadel der Landsmannschaft.
Am 29. August 1937 in Marienheim/Odessa geboren, wurde Nelli Kossko 1944 in den Warthegau evakuiert, 1945 in das Gebiet Kostroma verschleppt und bald darauf in die berüchtigte Kolyma deportiert. Dem zielstrebigen Mädchen gelang es dennoch, den Schulabschluss zu machen und nach Aufhebung der Kommandantur im damaligen Swerdlowsk Germanistik zu studieren. Anschließend unterrichtete sie an den Pädagogischen Hochschulen Tiraspol, Belcy und Nishnij Tagil.
Als zu Beginn der siebziger Jahren bekannt wurde, sie trage sich mit Ausreiseplänen, bedeutete das das Ende ihrer Hochschultätigkeit: Entlassung, Berufsverbot, Isolation. Nach anstrengenden Bemühungen reiste sie schließlich 1975 mit ihrem Mann und zwei Töchtern nach Deutschland aus. Da ihr Diplom nicht anerkannt wurde, musste sie sich mit 38 Jahren noch einmal als Studentin an einer Universität einschreiben.
18 Jahre arbeitete Nelli Kossko danach als Übersetzerin und Moderatorin bei der Deutschen Welle in Köln. Mit ihren Sendungen trug sie dazu bei, dass sich für die Russlanddeutschen das Tor nach Deutschland weiter öffnete. Sie war verantwortlich für die Sendung ‚Brücken’ – 30 Minuten pro Woche Nachrichten und Musikgrüße, die ein lebendiges Band zwischen jahrzehntelang getrennten Familienangehörigen waren.
„Für mich war die unerwartete und schreckliche Erkenntnis, dass wir hier nicht als Deutsche oder größtenteils mit großen Vorbehalten als solche anerkannt wurden, ein Schlag ins Gesicht. Vor allem für Landsleute, die durch die Hölle der Deportation, Zwangsarbeit und Gefängnisse gegangen waren, […] bedeutete das einen fast physischen Schmerz und ein neues Trauma“, schreibt Nelli Kossko.
Diesen Schmerz und dieses Trauma thematisierte sie in den Folgejahren auch als Publizistin, veröffentlichte kulturpolitische Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften. Seit 1995 war Nelli Kossko Chefredakteurin der russischsprachigen Zeitung ‚Ost-Express’, einer der ersten Aussiedlerzeitungen auf dem deutschen Markt. Sie bemühte sich, „eine deutsche Zeitung in russischer Sprache“ herauszugeben, um Spätaussiedlern Informationen zu liefern und Integration zu erleichtern.
Als sie die in Finanznot geratene Zeitung 2001 aufgeben musste, kümmerte sie sich um Aussiedler im Umkreis von Altenkirchen. An ihrem Wohnort engagierte sie sich im Kommunalen Netzwerk Integration Altenkirchen und gründete den Frauenklub AHA (Aussiedler helfen Aussiedlern), inzwischen ein eingetragener Verein mit eigenen Räumlichkeiten. Als Brücke zwischen Einheimischen und Aussiedlern bietet der Verein Integrationshilfen und Aufklärungsarbeit.
"Menschen mit zwei Mentalitäten, |
Ihre Meinung |
Nelli Bauer, 05.10.2012 23:31:32:
Vielen Dank, sehr geehrte Frau Kossko für alles, was Sie für Aussiedler gemacht haben und immer noch tun. Ihre und unsere Zeitung vermisse ich immer noch. Von der ersten bis zur letzten Ausgabe, von der ersten bis zur letzten Seite habe ich "Ost-Express" gelesen. Ehrlich,sehr informativ und interessant. So eine Zeitung gab es seitdem nicht mehr und wird es nicht mehr geben. Danke!