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Ein nachahmenswertes Projekt
Oranienburg – Dass ihr Berufsabschluss in Deutschland nichts wert sein würde, war Natalia Tultschinski klar, bevor sie vor fünf Jahren aus dem sibirischen Omsk nach Deutschland kam, schreibt die «Märkische Allgemeine» am 23. Januar. Heute lebt die 33-jährige Hebamme in Oranienburg und absolviert seit knapp zwei Jahren eine Weiterbildung in ihrem Beruf, den sie schon sechs Jahre in ihrer früheren Heimat ausgeübt hatte. Wenn sie, wie sie hofft, im April fertig ist, möchte sie als selbständige Hebamme vor allem osteuropäische Frauen betreuen. Die Russlanddeutsche war eine von neun Teilnehmerinnen des ersten Ideenworkshops der Kreiswirtschaftsförderungs-Gesellschaft ‚Winto‘. In dem Seminar konnten Spätaussiedler unter russischsprachiger Leitung Unternehmensideen und berufliche Perspektiven entwickeln, berichtet die Zeitung und beklagt in einem Kommentar zugleich, dass Spätaussiedler auf dem Arbeitsmarkt oft keine Chance hätten, weil ihre Diplome in Deutschland nichts wert seien. Mit dem Workshop habe der Landkreis „ein nachahmenswertes Projekt“ organisiert, in dem sich die Teilnehmer mit ihren beruflichen Problemen „zum ersten Mal richtig ernst genommen“ fühlten.
„Ein Ort des Dazugehörens“
Wiesbaden – Seit er 14 Jahre alt war, ging Samuel Rudnik in den Jugendtreff des Internationalen Bundes (IB), den ‚offenen Jugendclub für Russlanddeutsche und ihre Freunde‘. Jetzt ist er 22 und hat den Eindruck, auf der Straße zu stehen. Denn der so genannte Russenklub macht zu, berichtet der «Wiesbadener Kurier» am 25. Januar. „Weil jetzt nur noch Geld für Bildung fließt“, will Samuels Mutter von dort arbeitenden Sozialarbeitern als Begründung gehört haben. Das Bundesjugendministerium, bislang Förderer der Einrichtung, habe Abstand von Aktivitäten mit Freizeitcharakter genommen, hat die Zeitung von IB-Koordinator Norbert Wohlgemut erfahren. „Was aber ist mit Herzensbildung?“, fragt im Kurier die Mutter des einzigen „echten Wiesbadeners“, der im Jugendklub viele Freunde gefunden habe. Sie glaubt, dass sich die Investition in den Klub gelohnt hat und die Schließung schon aus Gründen der Prävention ein Fehler sei. Er war „ein Ort des Dazugehörens“, sagt sie, wo die Jugendlichen gehört und aufgefangen wurden, „zuverlässig und jede Woche, eine feste Instanz“.
Tanz in die Integration
Traunreut – Drei Jahre nach ihrer Gründung wurden die beiden Kindertanzgruppen ‚Cheeky girls‘ und ‚Allegrodance‘ nun offiziell in den Sportverein TuS Traunreut aufgenommen, heißt es im «Trostberger Tagblatt» am 25. Januar. Mit acht Mädchen im Alter zwischen neun und zwölf Jahren, zumeist Russlanddeutsche, habe es damals angefangen. Inzwischen machen über 30 Mädchen regelmäßig mit, und die Gruppe musste geteilt werden. Vor rund zehn Jahren wurde der TuS Traunreut schon einmal um eine Gruppe Sportler erweitert, die vorwiegend russlanddeutsche Mitglieder hat: junge Boxer. Unterstützt werden die Integrationsbemühungen des Sportvereins durch den Bayerischen Landessportverband und dessen Programm ‚Integration durch Sport‘.
Sport zum Neujahrsempfang
Wiehl – Mit sportlichen Leistungen glänzten junge Spätaussiedler auch beim Neujahrsempfang des Wiehler Bürgermeisters Werner Becker-Bloningen, berichtet «Oberberg-Aktuell» am 27. Januar. Der Online-Dienst merkt an, dass die Veranstaltung „unter dem aktiven und integrativen Motto ‚Sport‘“ gestanden habe. So erinnerte die Jugendturngruppe der Vereine TV Hülsenbusch, BV 09 Drabenderhöhe und TuS Wiehl an die legendären ‚fliegenden Oberberger‘. Die bewegliche Gruppe setze sich aus Siebenbürger Sachsen, Russlanddeutschen und einheimischen Jugendlichen zusammen und demonstriere so die Integrationskraft des Sports. Gleiches hätten auch die russlanddeutschen Tänzerinnen aus dem Jugendheim Drabenderhöhe mit einer ‚Dance 4 Fans’-Aufführng getan, heißt es bei Oberberg-Aktuell weiter. Natürlich habe auch der Fußball nicht fehlen dürfen: Eine Auswahlmannschaft aus Spätaussiedlern führte auf dem Neujahrsempfang ihre Virtuosität am Ball vor.
Ein Star auf dem Eis
Düsseldorf – Auch neun Jahre nach ihrer aktiven Sportkarriere schwebt Tanja Szewczenko immer noch über das Eis. Charmantes Lächeln und leicht wie eine Feder – das beweist die in Düsseldorf geborene Eiskunstläuferin in ‚Elements‘, der neuen Produktion von ‚Holiday on Ice‘, heißt es im Online-Dienst «Der Westen» am 25. Januar. Die Mutter sei Russlanddeutsche, der Vater ein Ukrainer. Auch wenn die mehrfache Deutsche Meisterin und Dritte bei Europa- und Weltmeisterschaften gleich beim ersten Doppelsprung patzte und unsanft auf dem Eis landete, sei Tanja doch der Stargast des Programms gewesen. Die Premiere: ein bejubeltes Heimspiel für die strahlende Szewczenko. Mittlerweile stehe sie auch vor der Kamera, so in der RTL-Serie ‚Alles was zählt‘.
Befindlichkeit kennen lernen
Taunusstein – Beate Pfaffrath-Müller, Krankenschwester im Ruhestand, engagiert sich schon seit längerem bei ‚Alt hilft Jung‘, berichtet der «Wiesbadener Kurier» am 26. Januar. Diese ehrenamtliche Berufs-Einstiegshilfe ist Teil eines Modellprojekts der Beruflichen Schulen Untertaununs in Taunusstein-Hahn. Hier werde jungen Leuten geholfen, wenigstens einen Hauptschulabschluss zu schaffen oder einen Praktikums- und Ausbildungsplatz zu finden. Die Rentnerin kann sich noch gut an ihren ersten Schüler erinnern, schreibt die Zeitung. Der 17-jährige Russlanddeutsche hätte nie zu lernen gelernt. Schon das Einmaleins sei ein Problem gewesen. Es gebe viele Gründe, warum manche Schüler nicht lernen könnten, hat Beate Pfaffrath-Müller im Laufe der Jahre erfahren. „Sie sind nicht dumm, nur aus ihrer Lebenssituation heraus geprägt.“ Wichtig seien deshalb die Gespräche mit den jungen Menschen, „um ihre Situation, ihre Befindlichkeit kennen zu lernen“.