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Vergeudung von Qualifikationen
Augsburg – Ingenieure aus dem Iran verdingen sich als Hausmeister, Ärztinnen aus Russland als Putzfrauen. Der Grund: In Deutschland fehlen klare und einheitliche Regelungen für die Anerkennung von Berufsabschlüssen, die im Ausland erworben wurden, berichtet «Open PR» am 20. Dezember. Der Internet-Dienst beruft sich auf die erste wissenschaftliche Untersuchung der deutschen Anerkennungspraxis, die Bettina Englmann und Marina Müller unter dem Titel ‚Brain Waste – Die Anerkennung von ausländischen Qualifikationen in Deutschland‘ vorgelegt haben. Eines ihrer Ergebnisse: 86 Prozent der von ihnen befragten Migranten verfügten über einen Berufsabschluss, doch nur 16 Prozent arbeiteten in einem angemessenen Job. Dabei wäre gerade Deutschland wegen des demografischen Wandels auf qualifizierte Zuwanderer angewiesen, schreibt Open PR und zitiert die Autorinnen mit dem Hinweis, es verwundere kaum, „dass die begehrten Fachkräfte eher nach Großbritannien oder in nordeuropäische Länder einwandern“. Als Konsequenz aus der Untersuchung soll demnächst ein Internetportal entstehen, das Zuwanderern und Beratern Fragen rund um das Anerkennungsverfahren für Berufsabschlüsse beantworten und zuständige Stellen benennen wird.
Hilfe für Rückkehrer
Karlsruhe – Tausende von Spätaussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion verlassen ihre Heimat, um dauerhaft in Deutschland zu leben. Einige wollen allerdings ein weiteres Mal ihre Koffer packen und zurückkehren, heißt es in der «Mitteldeutschen Zeitung» am 21. Dezember. Für diese Menschen habe die Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Karlsruhe die bundesweit erste Beratungsstelle gegründet. „Die Gruppe der rückkehrwilligen Spätaussiedler ist nicht riesig“, berichtet Elmar Welt, Leiter des Büros, dem Blatt. Als Rückkehr-Gründe nannte er Arbeitslosigkeit, mangelnde Sprachkenntnisse, fehlende soziale Kontakte oder Heimweh. Fast immer kämen mehrere Gründe zusammen. Vielen Ratsuchenden würde man dennoch empfehlen, in Deutschland zu bleiben, „weil ihre Aussichten im Ausland viel schlechter wären“, sagte Welt. Er kritisierte „die Politik“, die Rückkehrwillige nicht unterstützen wolle und auch nicht verstehe, dass hier ein humanitäres Problem bestehe. In Baden-Württemberg gebe es nun aber ein Landesprogramm, mit dem ausreisewilligen Menschen geholfen werde „egal, ob Flüchtling oder Spätaussiedler“. In naher Zukunft sollen in dem Bundesland weitere Beratungsstellen für Russlanddeutsche entstehen, die Deutschland wieder verlassen wollen, kündigte Welt an.
Spätaussiedler stärken Kirchen
Stuttgart – Den großen Religionsgemeinschaften in Baden-Württemberg sterben – wenn auch langsam – die Mitglieder weg. Seit der Jahrtausendwende haben sie insgesamt 250.000 Mitglieder - drei Prozent - verloren, berichtet der «Mannheimer Morgen» am 22. Dezember. Die katholische Kirche habe stärker unter dieser Entwicklung gelitten als die evangelischen Landeskirchen. Allerdings, so die Zeitung weiter, sei der Mitglieder-Rückgang geringer ausgefallen als in anderen Bundesländern. Als Grund nannte Mark Witzenbacher, Sprecher der Evangelischen Landeskirche in Baden, unter anderem den Zuzug von Spätaussiedlern nach Baden-Württemberg.
Schlechtere Bildungschancen für Migrantenkinder
Berlin – Fast jeder fünfte Jugendliche aus einer Zuwandererfamilie verlässt die Schule ohne Abschluss. Generell geraten die jugendlichen Migranten in Schule und Berufsausbildung weiter ins Hintertreffen, schreibt «Die Welt» am 19. Dezember. Das gehe aus dem 7. Bericht zur Lage der Ausländer in Deutschland hervor, den die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, soeben in Berlin vorgelegt hat. Danach machen nur 40 Prozent der Migrantenkinder einen mittleren oder höheren Schulabschluss. Zum Vergleich: Unter einheimischen deutschen Schülern sind es 70 Prozent. Böhmer bezeichnete es als „Alarmsignal“, dass sich trotz verbesserter Konjunktur die berufliche Ausbildung jugendlicher Zuwanderer weiter verschlechtere. Der Aussiedler-Experte der Unionsfraktion im Bundestag, Jochen-Konrad Fromme, betonte, dass Aussiedler in allen erwähnten Bereichen besser dastünden als andere Migranten.
Spätaussiedler stehen besser da
Berlin – Mit dem Vergleich des Aussiedlerexperten Jochen-Konrad Fromme (CDU) zwischen jungendlichen Spätaussiedlern und anderen Migrantenkindern beschäftigt sich auch das «Presseportal» am 19. Dezember. Nach der Vorlage des Böhmer-Berichts zur Lage der Ausländer in Deutschland erläuterte Fromme, dass die Spätaussiedler in der Schule sowie auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt besser integriert seien als andere Zuwanderergruppen. Während zum Beispiel fast 47 Prozent der jungen Ausländer ohne beruflichen Abschluss blieben, gelte das nur für rund 26 Prozent der Spätaussiedler – unter Einheimischen liege die Zahl bei rund 12 Prozent. Die „unter dem Strich deutlich besseren Zahlen“ bei den Russlanddeutschen dürften allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, so Fromme, dass es bei der Ausbildung und am Arbeitsmarkt noch große Integrationsschwierigkeiten gebe. Der Politiker kritisierte die mangelnde Anerkennung von Ausbildungsgängen, die im Ausland erworben wurden.
Früher „Feldscher“, heute Krankenschwester
Bingen – Menschen in Not zu helfen, das ist Elsa Pinekers Credo, schreibt die «Allgemeine Zeitung» am 22. Dezember. Die 57-jährige Russlanddeutsche ist seit November Hospiz-Krankenschwester bei den Binger Maltesern, verantwortlich für die Pflege von Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt. Schon in Kasachstan, wo sie bis 1987 lebte, arbeitete die Aussiedlerin als „Feldscher“, eine Art Wundarzt mit medizinischer Ausbildung, wie sie der Zeitung erläutert. „Feldscher ist ein alter deutscher Begriff, aber hier kennt das niemand“, wundert sie sich. In Deutschland hätten ihr Praktika und die Arbeit in einem Altenheim den Wiedereinstieg in ihren Beruf ermöglicht. Für die neue Stelle in der Palliativ-Pflege absolvierte Elsa Pineker eine Weiterbildung. „Leben retten um jeden Preis, das habe ich früher gelernt“, sagt sie. „In Würde sterben lassen, das kann viel menschlicher sein.“