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Ein kleiner Junge mit großem Talent
Memmingen – Berlin, Paris, Moskau: Diese Metropolen werden dem elfjährigen Thomas Janke aus dem bayerischen Memmingen in den nächsten Monaten zu Füßen liegen – zumindest die Zirkuswelt, die sich dort versammeln wird. Denn der Sechstklässler ist ein Meister des Jonglierens, heißt es im Internet-Dienst «Memmingen Online» am 18. November. Der in Deutschland geborene Schüler, dessen russlanddeutsche Eltern und die beiden mittlerweile erwachsenen Schwestern 1990 vom Schwarzen Meer nach Deutschland kamen, ist schon ein echter Profi-Jongleur. Sein Talent hat er in der Zirkusgruppe von „MIR“, dem Memminger Integrationsprojekt für Russlanddeutsche, entwickelt und inzwischen, meist als Jüngster unter zahlreichen Mitbewerbern, schon manchen Preis gewonnen. Später will er unbedingt Varieté-Künstler werden. Dafür übt er bisweilen fünf Stunden am Tag. Kaum zu glauben, berichtet der Online-Dienst, dass das große Talent keinen Trainingsraum hat. „Er übt im Sommer hinterm Haus oder auf Knien in seinem Zimmer“, erzählt sein Vater.
Immer häufiger suchen auch russlanddeutsche Frauen Rat
Belm – „Den Löwenanteil meiner Arbeit macht die Beratung aus“, erläutert Barbara Weber ihr Amt als Gleichstellungsbeauftragte der niedersächsischen Gemeinde Belm. Seit rund zehn Jahren trägt sie zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern bei, berichtet die «Neue Osnabrücker Zeitung» am 17. November. Den größten Beratungsbedarf hätten die ausländischen Frauen, gefolgt von einheimischen und immer häufiger auch russlanddeutsche Frauen. Erschreckend sei, dass sie in zunehmendem Maße von Opfern häuslicher Gewalt aufgesucht werde. Da ihr die Integration von Zuwandererfamilien besonders am Herzen liegt, hat Barbara Weber vor sechs Jahren einen Frauentreff ins Leben gerufen, der inzwischen zur festen Anlaufstelle für Migrantinnen geworden ist. Hier finden Sprach- und Weiterbildungskurse sowie Kultur- und Informationsveranstaltungen statt. Da Gleichstellung auch etwas mit gleichen Bildungschancen zu tun hat, gründete sie auch die „Offene Lernwerkstatt für sozial benachteiligte Kinder“. Hier wird vor allem der Nachwuchs aus sozial schwächeren Zuwandererfamilien gefördert.
„Sie könnte für die Oper schneidern“
Main-Kinzig-Landkreis – Derzeit kämpft Cornelia Böhmer darum, dass die Ausbildung von Lisa Weiss aus Kasachstan zur Bekleidungsingenieurin auch in Deutschland anerkannt wird. Das gleiche gilt für eine Schneidermeisterin, die ebenfalls als Aussiedlerin aus Kasachstan nach Deutschland kam, berichtet das «Gelnhäuser Tageblatt» am 17. November. Beide qualifizieren sich gerade mit 17 weiteren Migrantinnen bei „Aqa“, einer Textilwerkstatt der Gesellschaft für Arbeit, Qualifizierung und Ausbildung des hessischen Main-Kinzig-Kreises. Neben Fachlichem vertieft die Werkstatt auch Sprachkenntnisse wie deutsche Fachbegriffe der Textilbranche, um den Teilnehmerinnen bessere Chancen auf einen angemessenen Arbeitsplatz zu bieten. Bei Lisa Weiss zum Beispiel gerät Ausbildungsleiterin Böhmer geradezu ins Schwärmen: „Bei diesem Wissen und dieser Kreativität könnte sie ausgefallene Mode kreieren oder für die Oper schneidern“.
Bei den Jungen fliegen schon eher mal die Fäuste
Hamburg-Harburg – Sind Aussiedler krimineller als andere Deutsche? Zu einer Diskussion über diese Frage, so das «Hamburger Abendblatt» am 17. November, hatte der Harburger „Ausschuss für Inneres und öffentliche Ordnung“ als Experten Martin Bähr eingeladen. Der Kriminaldirektor und Chef einer Harburger Polizeiwache wies zunächst darauf hin, dass die Frage grundsätzlich verneint werden muss. Das belegten auch alle Kriminalstatistiken. Bei Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen aus Russland allerdings sehe das etwas anders aus. Sie ließen „eher schon mal die Fäuste fliegen“ als der Durchschnittsbürger. Als Erklärung gab Bähr nach Angaben der Zeitung an, dass die jungen Männer aus ihrem sozialen Umfeld gerissen worden seien, als sie mit Eltern aussiedeln mussten. In Deutschland seien sie dann „eher Außenseiter“.
Anpassungsschwierigkeiten untersucht
Jena – In zwei wissenschaftlichen Veranstaltungen beleuchten Psychologen der Universität Jena mit Kollegen aus Haifa Ende November die Situation junger Zuwanderer in Deutschland und Israel. Wie der «Informationsdienst Wissenschaft» (idw) am 15. November berichtet, haben die Forscher gerade ein gemeinsames Projekt abgeschlossen, das die Anpassungsschwierigkeiten jugendlicher Aussiedler und russischer Juden untersucht, die mit ihren Familien aus den ehemaligen Sowjetrepubliken nach Deutschland bzw. Israel eingewandert sind. Für die Studien wurden über 4.000 Jugendlichen zwischen 2001 bis 2005 einmal jährlich umfassend befragt. Die Ergebnisse werden nun in Jena vorgestellt.
Integrationskurs „nur erste Grundlage“
Elmshorn – Wenn in den vielfach verordneten Integrationskursen für Zuwanderer in 600 Stunden Deutschkenntnisse und in 30 Stunden Staatsbürgerkunde vermittelt werden, dann ist das „eine erste Grundlage, um sich sprachlich, sozial und kulturell besser einzuleben“, erläutert Karen Wehmann dem «Hamburger Abendblatt» am 14. November. „Mehr aber nicht.“ Der Kurs reicht nicht aus, so die Leiterin der Integrationskurse des Elmshorner Diakonievereins Migration, um Zuwanderer für das Leben in Deutschland fit zu machen. Die Anforderungen seien zu hoch. „Für Russlanddeutsche, die schon Vorkenntnisse haben und für Migranten mit höherer Bildung ist das noch machbar.“ Teilnehmer aber, die über geringe oder gar keine Schulbildung verfügen, könnten das Kursziel nicht erreichen.