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Sport mit Migrantenkindern
Warstein – Ein bisschen Sport treiben können die jungen Leute auch im Warsteiner Jugendtreff Alte Berufsschule. Für ausgedehnte Sportaktivitäten mit angemessenem Training fehlen dem Treffpunkt, in dem sich hauptsächlich Russlanddeutsche und Kosovo-Albaner einfinden, jedoch Geld und Räumlichkeiten. Interesse hätten die Jugendlichen schon, berichtet die Stadtsportverbands-Vorsitzende Alexa Senger-Tetzlaff der «Westfälischen Rundschau» vom 12. Oktober. Doch für Mitgliedsbeiträge in Sportvereinen fehle ihnen schlicht das Geld. „Familien mit geringem Einkommen sparen am ehesten an kulturellen und sozialen Bedürfnissen, die über den Grundbedarf der Kinder hinausgehen.“ Um die Finanzlücke zu schließen, hat sich die Zeitung entschlossen, mit den Spendengeldern aus einem Fußballspiel der Warsteiner Top-Elf und mit Unterstützung von Senger-Tetzlaff für ein Jahr die Mitgliedsbeiträge von Jugendlichen aus dem offenen Treff zu übernehmen, die in einen Sportverein eintreten möchten. Dafür stehen jetzt tausend Euro zur Verfügung.
Gericht: Namensänderung rechtens
Neustadt – Nach Deutschland war der Sohn einer Spätaussiedlerin 2001 noch mit seinem russischen Namen eingereist. Er trug den Namen des Vaters, von dem sich seine russlanddeutsche Mutter 1977 getrennt und danach ihren Mädchennamen wieder angenommen hatte. Als auch der Sohn in Deutschland den mütterlichen Nachnahmen annehmen wollte, weil sowohl er als auch seine Frau und seine beiden Kinder wegen des russischen Namens als Fremde betrachtet würden und zudem ohnehin keinerlei Kontakt zu seinem in Russland lebenden Vater bestünde, lehnte das die Stadtverwaltung im rheinland-pfälzischen Neustadt ab. Der Betroffene klagte gegen die Ablehnung und hatte Erfolg, wie das Verwaltungsgericht Neustadt in einer «Pressemitteilung» vom 11. Oktober mitteilt. Die Stadt muss die beantragte Änderung des Namens für die ganze Familie des Klägers vornehmen, heißt es darin. Dies habe unter anderem zur Folge, dass er nicht mehr befürchten müsse, als Fremder angesehen zu werden.
Integrationsverein „Intertalente“ muss kürzer treten
Genthin – Über 60 Zuwandererfamilien, überwiegend Russlanddeutsche und jüdische Migranten aus der ehemaligen Sowjetunion, betreut der Verein Intertalente im sachsen-anhaltinischen Genthin mit Beratung bei Alltagsproblemen sowie Sprach- und Bildungskursen. Neuerdings muss er kürzer treten. Viele Angebote können nicht aufrechterhalten werden, weil mehrere Ein-Euro-Jobs für den Verein ausgelaufen und neue nicht in Sicht sind, wie die Vereinsvorsitzende Tatjana Gawriljuk der «Magdeburger Volksstimme» vom 10. Oktober mitteilt. Sie widersprach allerdings Gerüchten, dass Intertalente vor dem Aus stehe. Noch könnten zweimal wöchentlich Sprechzeiten angeboten werden. Die Arbeit hänge jetzt aber weitgehend an Ehrenamtlichen, die nicht immer zuverlässig eingeplant werden könnten.
‚Café Moca’ bleibt geschlossen
Pforzheim – Die jüngsten Kiffer waren gerade einmal elf Jahre alt, doch die Droge Nummer eins ist Alkohol. Wenn die 28-jährige Sozialarbeiterin Anna Szymanska aus ihrem Arbeitsalltag im Pforzheimer Stadtteil Haidach erzählt, der sie mit jugendlichen Spätaussiedlern zusammen gebracht hat, fallen ihr aber auch Schulabbrecher ein, die mit ihrer Hilfe doch noch einen Abschluss geschafft haben. Immer Montags trafen sich 15 bis 30 jüngere Russlanddeutsche im Café Moca, um miteinander zu reden, schreibt die «Pforzheimer Zeitung» am 11. Oktober. Dort, auf der Straße und in Schulen stieß die Sozialpädagogin auf suchtgefährdete Jungen und Mädchen. Bezahlt wurde ihre Stelle im Projekt „Suchtprävention mit jugendlichen Spätaussiedlern im Pforzheimer Stadtteil Haidach“ hauptsächlich über die Landesstiftung. Die Finanzierung ist jetzt ausgelaufen.
„Ich kann es nicht wieder gutmachen“
Lübeck – Anatoli R. galt als passiver, kontaktarmer Mensch. Vor sieben Jahren siedelte der gebürtige Kasache mit seiner russlanddeutschen Frau Oxana und drei Kindern nach Deutschland aus. Dass ihm die deutsche Sprache in all den Jahren fremd geblieben ist, zeigt, dass er vor Gericht eine Dolmetscherin braucht. Er ist angeklagt, am 23. Januar seine Frau getötet zu haben. Die Tat, für die es keine Zeugen gibt, geschah in einer Zahnarztpraxis, in der Oxana als Putzfrau arbeitete. Die „lebhafte, lebensfrohe Frau“, berichtet das «Hamburger Abendblatt» am 10. Oktober, hatte sich von ihm trennen wollen. Im Bad der Praxis kam es zum „Blutbad“, schreibt die Zeitung. Ein herausgerissenes Toilettenbecken beschwöre eine dunkle Ahnung der Gewalt herauf, zu der es gekommen sein muss. Oxana stirbt. Ob Anatoli zur Praxis schon mit der Absicht kam, seine Frau zu töten, oder ob dort ein Streit zum Totschlag führte, lässt sich vor Gericht nicht eindeutig feststellen. Der Staatsanwalt hat elf Jahre Haft beantragt. Ein Urteil lag noch nicht vor, als der Zeitungsbericht erschien.