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Spätaussiedler im Visier
München – Die bayerische CSU will ihre Aussiedlerpolitik verschärfen und den Druck auf Russlanddeutsche erhöhen, sich in der Bundesrepublik zu integrieren, berichtet die «Süddeutsche Zeitung» am 10. April. Der verstärkte Blick auf Russlanddeutsche stelle einen Kurswechsel in der Politik seiner Partei dar, zitiert die Zeitung den CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsident Edmund Stoiber. Der Politiker beklagt „massive Integrationsprobleme bei Aussiedlern der dritten Generation“ und fügt hinzu „vor allem aus Kasachstan und Russland“. Künftig müssten Aussiedler ausreichende deutsche Sprachkenntnisse nachweisen, ehe ihnen der dauerhafte Aufenthalt in Deutschland zuerkannt werde. Das seit 1. Januar 2005 geltende Zuwanderungsgesetz sieht vor, dass nicht nur antragstellende Spätaussiedler, sondern auch Familienangehörige noch in den Herkunftsgebieten eine Sprachprüfung bestehen müssen, bevor sie nach Deutschland kommen dürfen.
„Mit Abstand schwierigste Gruppe“
Berlin – In einem Interview über die Integration von Ausländern in Deutschland äußerte sich der Präsident des Deutschen Städtetags, Christian Ude, kritisch über Russlanddeutsche. Auf die Frage der «Berliner Zeitung» vom 10. April, ob es Ausländer gebe, die schwieriger in der Integration seien als andere, antwortet Ude: „Ja. Die mit Abstand schwierigste Gruppe sind die sogenannten Russen, auch wenn es sich dabei teilweise um Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit handelt.“ Der Münchner SPD-Politiker, seit 1999 Oberbürgermeister der bayerischen Metropole, führt in dem Interview weiter aus, bei den Kindern aus Familien russischer Herkunft sei nach Aussagen der Polizei die Straffälligkeitsquote am höchsten, „und es sind auch die Integrationsprobleme am gravierendsten“. Hinzu kommt laut Ude der Umstand, dass die Russlanddeutschen nicht als gern gesehene Arbeitskräfte gekommen seien, „sondern von Anfang an Bezieher von Transfereinkommen waren“.
Kanzlerin spricht in Tomsk mit Russlanddeutschen
Tomsk – Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel am 26. und 27. April zum deutsch-russischen Gipfeltreffen nach Tomsk kommen wird, stehen auf ihrem Programm keineswegs nur wirtschaftspolitische Termine, berichtet der deutschsprachige Internet-Dienst «Russland Aktuell». Sie wird auch bei der Einweihung einer protestantischen Kirche dabei sein und mit Russlanddeutschen sprechen. Im Tomsker Gebiet leben rund 13.000 Deutschstämmige, und viele von ihnen, schreibt der Online-Dienst am 13. April, spielen in der Region „eine nicht zu unterschätzende Rolle“. Einer von ihnen ist Gebiets-Gouverneur Viktor Kress. Dasselbe gilt auch für Iwan Klein, der nicht nur Abgeordneter der Stadtduma und Mitglied des örtlichen Steuer-Komitees ist, sondern ebenso Besitzer der Brauerei „Tomsker Bier“. Ebenso der deutschstämmige Professor Wladimir Baitinger: Als Gründer und Leiter des erfolgreichen Instituts für Mikrochirurgie beschäftigt er 44 gut verdienende Mitarbeiter. Er plant offensichtlich, ein deutsch-russisches Zentrum für Mikrochirurgie zu gründen und zu diesem Zweck bei den Tomsker Regierungskonsultationen entsprechende Vereinbarungen zu treffen.
Führungswechsel bei der „Moskauer Deutschen Zeitung“
Moskau – Die „Moskauer Deutsche Zeitung“, mit einer Auflage von 32.000 Exemplaren das größte deutschsprachige Printmedium in Russland, verliert ihren bisherigen Chefredakteur: Michail Podwigin geht in den Ruhestand, meldet der Internet-Dienst «Russland Aktuell» am 14. April. Als Nachfolgerin ist vorerst Angelina Timofejewa ernannt worden. Bei seiner Verabschiedung im Moskauer Deutsch-Russischen Haus, in dem sich die Redaktionsräume befinden, bedauerte Podwigin, dass es nicht gelungen sei, aus der MDZ eine echte Wochenzeitung zu entwickeln, schreibt der Online-Dienst. Der in Wladiwostok geborene Journalist arbeitete in den 1970er Jahren als Korrespondent für die Nachrichtenagentur TASS in Bonn und später für die Zeitung „Nowoje Wremja“ aus der DDR und West-Berlin.
Bunt gemischt
Bad Oldeslohe – Osterferien kennen die Teilnehmer des Deutschkurses an der Oldesloher Volkshochschule nicht. Auf den Schulbänken für Erwachsene wird „eifrig gebüffelt“, berichten die «Kieler Nachrichten» am 12. April. In der rund 20-köpfigen Klasse geht es zu wie in allen Sprachkursen, erläutert Karin Linnemann, die Leiterin der Volkshochschule: Die Teilnehmer sind „bunt gemischt“, was Alter, Nationalität, Bildungsniveau wie auch die Motive betrifft, deutsch zu lernen. Unter ihnen befinden sich Aussiedler und Ausländer. In dem Ferienkurs, der gerade läuft, sitzt zum Beispiel ein Kurde, der in der Türkei Wirtschaft studiert hat und aus politischen Gründen sein Land verlassen musste, neben einer Vietnamesin, die einen Deutschen geheiratet hat und deutsch lernen will, um ihren Beruf als Lehrerin für chinesische Sprache ausüben zu können.
Kompetenz-Zentrum Integration
Wolfen – Seit 1950 hat Deutschland 4,5 Millionen Aussiedler aufgenommen und „beispielhaft integriert“. Die Zahl nannte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium und Aussiedlerbeauftragte Christoph Bergner im sachsen-anhaltinischen Ort Wolfen. Bergner war Gast beim Kompetenz-Zentrums „Integration Zuwanderer im Landkreis Bitterfeld“ an den Euro-Schulen, das zum zweijährigen Bestehen einen Workshop veranstaltete. Wie die «Mitteldeutsche Zeitung» am 12. April berichtet, wies Bergner auch darauf hin, dass Integration Anstrengungen von allen Beteiligten verlange. Einerseits setze sie voraus, in Deutschland heimisch werden zu wollen. Andererseits gehöre dazu auch die glaubhafte Vermittlung des Gefühls, in Deutschland willkommen zu sein. In dem Workshop wurden die Erfolge des Kompetenz-Zentrums begrüßt, allerdings auch ungelöste Fragen angesprochen. Dazu gehöre, dass häufig Berufsabschlüsse von Spätaussiedlern nicht anerkannt würden.
Ein weites Dunkelfeld
Offenburg – Bei der Vorstellung der Straftaten-Statistik aus dem Jahr 2005 im baden-württembergischen Offenburg ging der Leiter des örtlichen Polizeireviers Adrian Brädle auch auf das derzeit aufmerksam beobachtete Thema „Gewalt an Schulen“ ein. Wie das «Offenburger Tageblatt» am 13. April berichtet, seien im vergangenen Jahr zwar nur 32 Fälle an den 56 Schulen der Stadt registriert worden, es gebe aber den begründeten Verdacht eines „hohen Dunkelfeldes“. Außerdem sei der Anteil von Spätaussiedlern an den Straftätern von 13 auf 20 Prozent gestiegen. Dass diese Entwicklung Sorgen bereite, betonte auch die Offenburger Oberbürgermeisterin Edith Schreiner und stellte „Handlungsbedarf“ fest. Generell habe die Statistik gezeigt, dass über 51 Prozent aller ermittelten Tatverdächtigten 21 Jahre oder jünger waren.