Wenn von mutigem Widerstand gegen den Nationalsozialismus die Rede ist, fallen stets die Namen der Geschwister Hans und Sophie Scholl. Beide hatten im Herbst 1942 an der Münchener Universität gemeinsam mit Gesinnungsfreunden die Gruppe ‚Weiße Rose’ gebildet, die vor allem mit Flugblattaktionen gegen den NS-Staat von sich reden machte. Im Februar 1943 flog die Gruppe auf, die Mitglieder wurden von der Geheimen Staatspolizei verhaftet, der Volksgerichtshof sprach die Todesstrafe aus, wenige Tage später wurden sie hingerichtet. Kaum bekannt war lange Zeit, dass unter den Gründern der Gruppe auch ein junger Mann war, aus Russland gebürtig, der 1921 mit seiner Familie aus der Südural-Stadt Orenburg nach Deutschland geflohen war.
Sein Name: Alexander Schmorell. Seine Mutter war Russin, sein Vater entstammte einer deutschen Kaufmanns-Familie, die sich erst 1860 in Orenburg niedergelassen hatte. Der junge Schmorell sprach perfekt Russisch und studierte in München Medizin. Mit Hans Scholl verband ihn nicht nur eine enge Freundschaft, sondern auch die Liebe zur russischen Kultur und Sprache. Gemeinsam waren sie Soldaten der Wehrmacht an der Ostfront. Erschüttert über das Vorgehen des deutschen Militärs in Russland und Polen, verfassten sie gemeinsam mit Sofie Scholl und Willi Graf die berühmten Flugblätter der ‚Weißen Rose’, in denen sie zum Sturz der Diktatur aufriefen. Schmorell wurde am 13. Juli 1943 in München hingerichtet.
„Zerreißt den Mantel der Gleichgültigkeit, den ihr um euer Herz gelegt“, heißt es in dem zweiten Flugblatt der Widerstandsgruppe. Mit diesem Satz eröffnete Winfried Vogel von der gleichnamigen Stiftung die Ausstellung „Der Widerstand von Studenten gegen Hitler, München 1942/1943“. Noch bis Mitte November ist sie in der Puschkin-Bibliothek in Omsk zu sehen. Zusammen mit Igor Chramow von der Stiftung ‚Eurasia’ aus Orenburg brachte Vogel die Ausstellung nach Omsk.
Gezeigt wird der Lebensweg der Mitglieder der ‚Weißen Rose’ sowie deren Aktionen. Auf mehr als 20 Tafeln können die Besucher einen Eindruck zu den Themen Jugend während des Nationalsozialismus, die Bedeutung der Stadt München als „Hauptstadt der Bewegung“ und über den Widerstand von Studenten gewinnen. Sie beschreibt so das Umfeld, in dem die ‚Weiße Rose’ aktiv war. Ausführlich werden einzelne Gruppen und die Verfasser der Flugblätter porträtiert, der Text ihrer Flugblätter wiedergegeben und die Prozesse gegen die Mitglieder geschildert.
Auf die Bedeutung Schmorells für die 'Weiße Rose' hat Igor Chramow im Jahr 2001 in einem Buch aufmerksam gemacht. Der aus Orenburg stammende Autor hatte einige Jahre zuvor entdeckt, dass Alexander Schmorell aus seiner Heimatstadt stammte. Damit begann eine Recherche, die ihn mehrere Male nach München führte, wo er auch die Geschwister Alexander Schmorells traf. Sein in einem Orenburger Verlag erschienenes Buch trägt den Titel "Die russische Seele der ´Weißen Rose`".
Die bei der Eröffnungsveranstaltung in Omsk anwesenden Besucher waren von Konzept und Präsentation der Ausstellung begeistert. Der Geistliche Alexander Alexandrowitsch findet sie besonders für Jugendliche wichtig. „Sie zeigt am Beispiel der ,Weißen Rose’, wie Zivilcourage auch unter jungen Menschen aussehen kann. Gerade jetzt, wo in Russland Rechtsextremismus zum immer größeren Problem wird, ist das besonders nötig.“ (© ORNIS/Ann-Christin Doms, 6. November 2006)
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