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Parteien werben um Zuwanderer

Stuttgart – Für Einwanderer ist die Union nicht die bevorzugte politische Heimat, von den Spätaussiedlern aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion einmal abgesehen, schreibt die »Stuttgarter Zeitung« am 1. September. Wer auf der christdemokratischen Homepage das Stichwort ‚Zielgruppe‘ anklicke, finde dort: Frauen, Jugend, Senioren, Aussiedler und Auslandsdeutsche aufgeführt; Migranten fehlten. Im Wahlkampf bemühe sich die Partei der Bundeskanzlerin aber auch um diese Klientel. Gerade habe eine Konferenz stattgefunden, zu der 120 CDU-Mandatsträger mit „Migrationshintergrund“ erschienen seien.

Die SPD wiederum kümmere sich seit Jahren um die Gunst jener Deutschen, die selbst oder deren Familien aus anderen Ländern stammen. Und das mit gutem Grund, so die Zeitung. Vor allem türkischstämmige deutsche Staatsbürger zählten zu den treuesten Anhängern der Sozialdemokratie. Bei den Russlanddeutschen tue sich die Partei allerdings schwerer. Älteren Umfragen zufolge liege das Potential bei etwa 20 Prozent. Die Union könne bei den Spätaussiedlern noch immer auf bis zu 70 Prozent Zustimmung hoffen.


Viele Aussiedler neigen der Union zu

München – Auch die »Süddeutsche Zeitung« befasst sich am 4. September mit dem Einfluss von Migranten auf den Ausgang der Bundestagswahlen. Derzeit gebe es 4,1 Millionen Wahlberechtigte aus Zuwandererfamilien, schätze der Politikwissenschaftler Andreas Wüst von der Universität Mannheim. Die Zahl, in der die Spätaussiedler eingeschlossen seien, entspreche einem Anteil von 6,6 Prozent der insgesamt 62,2 Millionen Wahlberechtigten – mehr als je zuvor bei einer Bundestagswahl. Stärker als früher könnten heute linke Parteien davon profitieren, so Wüst.

Betrachte man allerdings die Zuwanderergruppen genauer, so ergebe sich, dass viele Aussiedler den Unionsparteien die Treue hielten. Aus ehemals kommunistisch regierten Ländern wie der früheren Sowjetunion, Rumänien oder Polen kommend, würden sie allergisch gegenüber allem reagieren, was nach Sozialismus rieche. Langsam lösten sich die Aussiedler aber von ihrer Bindung zu CDU und CSU. „Russlanddeutsche würden eher SPD wählen als Deutsch-Türken die Union“, meint Wüst.


„Eine Geschichte der Ignoranz und Arroganz“

Wiesbaden – In seiner Rede auf der zentralen Veranstaltung des Bundes der Vertriebenen zum diesjährigen ‚Tag der Heimat‘ im Biebricher Schloss von Wiesbaden hat der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) auch die Lage der Spätaussiedler seines Landes angesprochen, berichtet das »Fulda-Info« am 1. September. Im ersten Halbjahr dieses Jahres seien von den lediglich 1.511 nach Deutschland gekommenen Spätaussiedlern 114 in Hessen aufgenommen worden, wird Koch zitiert. Ihre Integration und die Eingliederung derer, die schon vor einigen Jahren kamen, sei eine fortwährende Aufgabe, die nicht vernachlässigt werden dürfe. Da seien noch manche integrationspolitischen Versäumnisse der Vergangenheit nachzuholen.

Ein wunder Punkt sei nach wie vor die Anerkennung von Berufs- und Studienabschlüssen, räumte der Politiker ein. Wenn sich Spätaussiedler an einer Universität einschreiben wollten, werde ihnen Förderung vorenthalten mit der Begründung, sie hätten ja bereits einen Studienabschluss – der allerdings nicht anerkannt werde. Erhielten Betroffene Hartz IV und wollten damit studieren, werde ihnen diese Leistung aberkannt, weil sie dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stünden. Koch: „Dies ist ein irrwitziger Teufelskreis und eine Geschichte der Ignoranz und Arroganz.“


Bei Lehrlingsmangel hilft auch Migranten-Integration

Schwerin – Der Ausbildungsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern hat sich in wenigen Jahren komplett gedreht. Während früher Schulabgänger in diesem Bundesland nur schwer einen Lehrlingsplatz bekamen, klagen derzeit immer mehr Betriebe über fehlende Bewerber, heißt es im Nachrichtenportal »MVregio« am 1. September. Landeswirtschaftsminister Jürgen Seidel (CDU) habe alle betroffenen Branchen angeregt, sich energischer für die Sicherung des künftigen Fachkräftebedarfs zu engagieren. Der Politiker habe einen Zehn-Punkte-Plan für die Anwerbung von Auszubildenden entworfen. Unter Punkt Neun fordere er, Migranten stärker über Ausbildung und Arbeit zu integrieren. Als Vorbild habe Seidel das Projekt ‚HANDIS – Handwerksorientierte berufliche Integration jugendlicher Spätaussiedler in Westmecklenburg‘ erwähnt.


Hilfe für russischsprachige Eltern

Berlin – Der Berliner ‚Club Dialog‘, der seit seiner Gründung 1988 soziale und kulturelle Anlaufstelle für russischsprachige Zuwanderer ist, hat Anfang 2009 ein neues Projekt gestartet, eine ‚Dezentrale Elternakademie‘, berichtet das »Neue Deutschland« am 31. August. In einem Gespräch mit der Zeitung erläutert Tatjana Forner, Mitbegründerin und Geschäftsführerin des Clubs, dass mit dem Projekt vor allem Eltern angesprochen werden sollen, „die natürlich aufgrund ihrer eigenen, anders verlaufenen Sozialisation bei der Entwicklung ihrer Kinder in Deutschland auf viele Probleme stoßen“. Die zumeist russischsprachigen Eltern würden aber nicht nur über den Schulalltag und das Berliner Schulsystem informiert, sondern erhielten beispielsweise auch Sprachkurse und Unterstützung bei der Anerkennung ihrer eigenen Schulabschlüsse und Diplome.


Gottesdienst mit geretteten Bibeln

Wesel – Mit einer ungewöhnlichen Ausstellung in der Friedenskirche von Wesel erinnert die Evangelische Kirchengemeinde an das Schicksal vieler Russlanddeutschen, berichtet die »Rheinische Post« am 5. September. Rund 250 Spätaussiedler, etwa zehn Prozent aller Gläubigen, gehörten zur Gemeinde des Pfarrer-Ehepaares Christoph und Susanne Kock. Seit anderthalb Jahren bemühten sich die Beiden um die gefragte Ausstellung ‚Das Russland-Deutsche Haus‘, in dessen Räumen nach Themen sortiert das Schicksal der Russlanddeutschen vom 18. Jahrhundert bis heute anschaulich dargestellt werde. Eröffnung sei am 15. September in der Friedenskirche. Im Begleitprogramm seien Gespräche mit Russlanddeutschen aus der Feldmark geplant, Theateraufführungen für Kinder und Erwachsene, ein Familiengottesdienst „rund um die geretteten Bibeln“ aus der Ausstellung und Chormusik.
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