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Die alte Universität Königsberg mit dem Dom
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In Russland ist dieser ursprüngliche Besitzer in den meisten Fällen die Orthodoxe Kirche, sie hat den Gesetzentwurf auch maßgeblich initiiert. Doch Königsberg war damals noch Deutschland. In Königsberg besaß die Orthodoxie, historisch gesehen, gar nichts.
Patriarch Kyrill persönlich schrieb daher Anfang April ein Brief an Ministerpräsident Wladimir Putin mit der Bitte, bei der Übertragung aller Kaliningrader Objekte mit religiöser Bestimmung einschließlich des Königsberger Doms an die Orthodoxe Kirche behilflich zu sein.
Er hoffe, schrieb Kyrill, Putin, der sich um die Wiedererstarkung der Orthodoxie in Russland verdient gemacht habe, werde sich in Sachen Kaliningrad verwenden. Ansonsten drohe es wegen der „besonderen multikonfessionellen Situation des Kaliningrader Gebiet“ zu ethnischen und religiösen Konfrontationen zu kommen.
Kyrill sollte wissen, was er sagt. Er war vor seiner Ernennung zum Oberhaupt der Russisch Orthodoxen Kirche Metropolit von Smolensk und Kaliningrad. Und ließ schon damals keine Gelegenheit aus, das missionarische Wirken „russlandfremder“ Kirchen im einstigen Königsberg zu geißeln.
Doch der Königsberger Dom, der einsam auf der Pregelinsel Kneiphof aufragt, ist heute eher historischer Gedächtnisort denn Kirche. Seit 1992 aus einer kriegszerstörten Ruine wiederaufgebaut, symbolisiert die fast 700jährige Basilika im Stil der norddeutschen Backsteingotik nun das Bekenntnis des russischen Kaliningrad zu seiner lange tabuisierten deutschen Geschichte: Sinnbild für das alte Königsberg, für Ordensstaat und Reformation, Untergang und Neuanfang.
Register der Schuke-Orgel
Foto: Kaliningrad Aktuell |
Im Turm erinnert ein Museum an die historische Hauptstadt Ostpreußens, an die 1944 im Feuersturm britischer Bomben verglühte Kaufmannsinsel Kneiphof und an den Königsberger Philosophen Immanuel Kant, der an der Nordwand des Doms begraben liegt und von den Kaliningradern verehrt wird wie ein Landsmann.
Mehr als 40 000 Menschen besuchten das Dommuseum im vorigen Jahr. Zweimal wöchentlich gibt Domorganist Artjom Chachaturow ein öffentliches Konzert auf der großen neuen Schuke-Orgel. Meist beginnt er mit Bachs d-moll-Toccata, und dann ist es, als lausche Kaliningrad in seine eigene Vergangenheit hinein.
Kirche ist der Dom nur noch nebenbei. Zwei kleine Gedächtniskapellen, eine lutherische und eine orthodoxe, stehen den Besuchern für stille Andachten offen.
Für Igor Odinzow, Chef der Dombaufirma Kafedralny Sobor, ist die Forderung der Orthodoxie daher absurd und nicht hinnehmbar. „Das ist ein Verbrechen, ein Angriff auf die Kultur dieser Stadt. Und ein Versuch, sich rechtswidrig etwas anzueignen. Die Russisch Orthodoxe Kirche hat mit dem Dom nichts zu tun, nicht mit seiner Architektur und schon gar mit seiner Geschichte. Wenn schon, dann müsste man den Dom den Lutheranern zurückgeben.“
Probleme ist der 62-jährige Dombaumeister eigentlich gewöhnt. Seit dem Beginn des Wiederaufbaus hatte er es immer wieder mit Widerstand von allen Seiten zu tun: Russische Nationalisten schäumten, er belebe ein Symbol des deutschen Faschismus. Deutsche Denkmalschützer mäkelten an der Qualität der Restaurierungsarbeiten herum.
Odinzow ließ sich davon nicht beirren. Energisch, eigensinnig und bisweilen verbissen trieb er den Wiederaufbau der Ruine voran und machte aus einer anfangs aussichtslos scheinenden Vision ein großes Gemeinschaftswerk: Zahllose private Spenden flossen, kleine und größere, anfangs vor allem aus Deutschland, später auch von den Russen selbst.
Links zum Thema |
- Webseite des Königsberger Doms - Thoralf Plath über den Wiederaufbau des Königsberger Doms - zum Original bei Kaliningrad Aktuell |