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Almaty, im Mai 2009 - Meine Heimatstadt ist Almaty. Hier bin ich geboren und bis zur fünften Klasse in die Schule gegangen. Ich bin Kasachstandeutsche – zumindest zur Hälfte. Mein Vater ist Russe, meine Mutter Deutsche. 1997 entschied sich meine Familie, nach Deutschland zu gehen. Im Januar 1998 kamen wir mit dem Flugzeug in Frankfurt am Main an. Als Aussiedler aus Kasachstan lebten wir die erste Zeit in einem Wohnheim. Unsere Familie wohnte mit einer weiteren dreiköpfigen Familie in einem Zimmer. Alles war anders – selbst das Essen.
Nach einigen Wochen wurden wir nach Sachsen-Anhalt in eine kleine Stadt namens Harzgerode geschickt. Unser neues Zuhause war von nun an ein Bungalow. Schon im Februar 1998 kam ich in die vierte Klasse der Grundschule. An meinen ersten Schultag kann ich mich bis heute erinnern. Ich war aufgeregt und dachte, dass ich schon ziemlich viel Deutsch könne. Nach der ersten Unterrichtsstunde kamen alle und wollten etwas von mir wissen, doch ich verstand nichts. Mein Deutsch war nicht gut genug. Eine Woche später interessierte sich keiner mehr für mich.
Ich verstand nicht, warum die Mitschüler mich nicht mal fragten, wie es mir gehe. Das liegt an der Mentalität. Die Deutschen fragen nur das, was sie wirklich interessiert. Nach sechs Monaten in Deutschland fing ich an, mich auf Deutsch zu verständigen. Ich fand Freunde und war gut in der Schule. Meine guten Noten machten einige meiner Mitschüler neidisch.
Olga Poljakow |
Mit einem Jungen in der Schule kam es deswegen zum Streit, gewiss auch wegen meiner Herkunft. Die Lehrerin griff nicht ein. Als meine Mutter sie später darauf ansprach, meinte sie nur, sie könne nichts tun, die Schüler seien womöglich auf die Noten ihrer Tochter neidisch. Das war eine neue Erfahrung für mich. In Kasachstan gibt es auch viele Nationalitäten, aber man merkt es nicht.
Nach der sechsten Klasse ging ich auf das Gymnasium Harzgerode. Drei Jahre später zogen meine Familie und ich nach Wolfsburg. Mein Vater fand bei Volkswagen eine Arbeit. Und ich ging von nun an aufs Wolfsburger Ratsgymnasium. Mit der Sprache hatte ich keine Probleme mehr. Dafür gab es andere. Ich merkte, dass ich mich für Dinge schämte, die für einen Deutschen ganz normal sind. Meine Freunde fragten mich, warum ich meinen Eltern niemals widerspräche und warum mir so wenig erlaubt sei. Meine Erziehung war einfach anders.
Nach der elften Klasse ging ich nach Almaty zurück. Ich traf meine ehemaligen Mitschüler wieder, machte meinen Schulabschluss und begann zu studieren. Derzeit studiere ich Philologie an der Universität für internationale Beziehungen und Weltsprachen in Almaty. Das Studium macht mir Spaß.
Doch die Zeit in Deutschland hat mich verändert. Jetzt sehe ich auch die Unterschiede zwischen mir und meinen Mitstudenten. Sie legen viel Wert auf die Noten. Das Wissen steht für sie an zweiter Stelle. Sobald meine Mitstudenten die Studiengebühren bezahlt haben, denken sie, dass sie das Abschlussdiplom schon in der Tasche haben. Das regt mich auf. Und manchmal fühle ich mich auch in der alten Heimat verloren. (Olga Poljakow)
Ihre Meinung |
MURAT, 06.10.2013 00:36:42:
Wieso lernt ihr alle Russisch wenn ihr nach Kasachstan reist? Wesshalb nicht kasachisch ( türkisch ) ? Ihr würdet viel schneller in die Köpfe und Herzen der Menschen gelangen, Russen gelten hier in unseren Köpfen als Besatzer, und die Deutschen sind für uns verschleppte die nichts dafür können das sie nunmal hier sind. Kann einer wenigstens von euch übersetzen was Almaty bedeutet, oder Elma-Ata
MURAT, 06.10.2013 00:35:54:
Wieso lernt ihr alle Russisch wenn ihr nach Kasachstan reist? Wesshalb nicht kasachisch ( türkisch ) ? Ihr würdet viel schneller in die Köpfe und Herzen der Menschen gelangen, Russen gelten hier in unseren Köpfen als Besatzer, und die Deutschen sind für uns verschleppte die nichts dafür können das sie nunmal hier sind. Kann einer wenigstens von euch übersetzen was Almaty bedeutet, oder Elma-Ata
Christoph, 20.03.2010 21:53:50:
liebe olga, ich bin selbst deutscher aus schlesien und leite hier eine jugendorganisation. koennten wir uns kennenlernen ? meine mail lautet : sosnak@poczta.onet.pl Christoph www.schlesische-medien.de
Anna, 27.10.2009 20:12:34:
Liebe Olga, ich wünsche dir viel Erfolg, wo auch immer es dich hinverschlägt. Schade, dass du nicht mehr in Deutschland bist. Ich weiss um die Vorurteile gegen Russlanddeutsche, auch in Deutschland. Lass dich nicht unterkriegen, sei du selbst; es ist Liebe, was im Leben am wichtigsten ist. Ich habe meine Herkunft inzwischen akzeptiert. Ich bin dazwischen, und fühle mich nun wohl. Liebe Grüße, Anna
Bio-Lehrerin Brigitte Wienke, 27.08.2009 11:59:59:
Liebe Olga , schön, von Ihrer positiven Entwicklung zu lesen. Ich erinnere mich gern an Ihr freundliches, offenes und fleißiges Wesen und an Ihren ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Leider gibt es zu wenige Menschen wie Sie. Alles Gute auf Ihren Lebensweg, bleiben Sie so, wie Sie sind, Glück und Gesundheit auf Ihren Weg, Brigitte Wienke
Rita Betz, 03.07.2009 14:10:40:
Hallo Olga. Ich bin selber aus Kasachstan, Semipalatinsk und mich ziet nicht zürük. Die Zeit damals war schwer für meine Familie und mich.Von Ihnen habe ich großen Respekt.Es ist bestimt nicht so einfach,nach so lange Zeit,zürük gehen. Ihnen wünsche ich alles gute und fiel Erfolg mit dem Buch
Olga Poljakow, 27.05.2009 17:43:38:
Ein Studenten-Visum habe ich nur in meinem deutschen Pass. Ein Buch, ja es waere natürlich interessant, doch leider noch keine Zeit. Ich werd es im Kopf behalten und dann koennnte ich es machen, nach meinem Studium )))
Johannes Sommer, 15.05.2009 10:09:12:
Hallo Olga. Ich möchte Íhnen mein großen Respekt aussprechen! Wie haben Sie es nur geschafft ein kasachischen Aussweiss zu bekommen? Oder haben die Studenten andere Aufenthaltsgenehmigungen? Ich würde gern ein Buch von Ihnen lesen, wenn Sie nach dem Studium eins schreiben würden.Als Philologin würde das gehen oder? Und das mit Noten und Wissen darf man nicht verallgemeinern...