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Anwalt der Freiheit

Jurij Schmidt für sein Lebenswerk geehrt
Anwalt der Freiheit

Berlin (ORNIS) - Der russische Anwalt Jurij Schmidt hat den diesjährigen Petra-Kelly-Preis der Heinrich-Böll-Stiftung erhalten. Schmidt ist Gründer und Vorsitzender des Russischen Anwältekomitees für Menschenrechte. Mit der Auszeichnung werden Personen geehrt, die sich in besonderer Weise für die Achtung der Menschenrechte, der Gewaltfreiheit und für den Schutz der Umwelt einsetzen. Die Laudatio zur Preisverleihung am 12. Mai hielt Arsenij Roginskij, Leiter der Organisation Memorial in Moskau und persönlicher Freund Schmidts.

Nicht nur in seiner Heimatstadt St. Petersburg gilt Jurij Schmidt als Staranwalt. Im westlichen Ausland machte er sich in den vergangenen Monaten einen Namen als Mitglied der Verteidigergruppe von Michail Chodorkowski, dem ehemaligen Ölmagnaten. Doch nicht die spektakulären Fälle waren es, die dem heute 69-Jährigen Ansehen und Bekanntheit verschafften. In den siebziger Jahren gab er „unentwegt juristische Beratung, stets uneigennützig und des Öfteren erzwungenermaßen geheim, was dann eine umso wertvollere und notwendigere Hilfe war“. So beschrieb Arsenij Roginskij in seiner Laudatio die Arbeit des jungen Anwalts für die Dissidenten im damaligen Leningrad, unter ihnen auch der spätere Nobelpreisträger Iossif Brodskij.

Geboren und aufgewachsen ist Jurij Schmidt in Leningrad. Hier überlebte er gemeinsam mit seiner Mutter die Blockade durch die deutsche Wehrmacht. Seine Eltern hatten sich in sibirischer Lagerhaft getroffen, wo beide als politische Gefangene inhaftiert waren. Der Vater, Sozialdemokrat, sollte erst nach 26 Jahren GULag im Jahr 1956 seinen inzwischen erwachsenen Sohn kennen lernen. Die familiäre Prägung, die nicht ohne Einfluss auf den weiteren Lebensweg Jurij Schmidts gewesen sein mag, aber auch die systematische Hilfe für Leute, die mit dem Staat in Konflikt geraten waren, brachten den jungen Anwalt immer wieder ins Visier des KGB. Roginskij: „So hatte dieser also gute Gründe, Jurij Schmidt nicht zu politischen Prozessen zuzulassen.“

Die Perestrojka erst brachte mit sich, dass Jurij Schmidt sich auch in entfernteren Gebieten der einstigen Sowjetunion einen Namen als Verteidiger der Menschenrechte machen konnte. 1991 gründete er den ersten unabhängigen Anwaltsverband des Landes, das Russische Komitee zum Schutz der Menschenrechte. Im August des gleichen Jahres, als sich  Zehntausende auf dem Schlossplatz in St. Peterburg versammelten, um gegen die Putschisten zu demonstrieren, war es Jurij Schmidt, der in einer leidenschaftlichen Rede jedweden Widerstand gegen die Aufständischen für rechtmäßig erklärte und das Scheitern der Junta als unausweichlich bezeichnete. Und als Ende der neunziger Jahre ein Verlag eine Buchreihe mit dem Titel „Anwälte der Freiheit“ eröffnete, galt die erste Ausgabe dem Anwalt aus St. Petersburg. (© ORNIS, 13. Mai 2006)

 
Links zum Thema
- Begründung der Preisvergabe an Jurij Schmidt

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