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Aussiedlertreff mit Webseite
Backnang – Unter der Adresse http://www.ruju-bk.de haben junge Spätaussiedler aus dem baden-württembergischen Backnang seit kurzem eine eigene Webseite. Bislang waren sie montags im „Treffpunkt 44“ zusammengekommen, jetzt tauschen sie sich auch im Internet aus. Die Anregung kam von Dorothea Pfennigsdorf vom Jugendmigrationsdienst der Diakonie, die den jungen Russlanddeutschen seit Jahren hilft, „in der für sie völlig fremden Umgebung Tritt zu fassen“, schreibt die «Backnanger Kreiszeitung» am 3. Februar. Auf der in dezentem Blau gehaltenen Seite finden sich Hinweise auf Angebote im Treffpunkt wie Tischtennis und Billard oder Sprachkurse sowie Tipps von der „Jobpower“, einem Projekt der Mobilen Jugendarbeit für junge Spätaussiedler, die zwischen Schule und Berufseinstieg stehen. Finanziell unterstützt wird die Arbeit im Web von der Landesstiftung Baden-Württemberg.
Grüne Woche: Lebensmittel aus der alten Heimat
Hagenow – Zum ersten Mal, seit sie in Deutschland leben, haben 17 Spätaussiedler aus dem mecklenburgischen Hagenow mit Mitarbeitern der Arbeiterwohlfahrt und des Projekts „Auch Oxana will arbeiten“ die Grüne Woche in Berlin besucht. Alle Teilnehmer, berichtet das «Hagenower Kreisblatt» am 3. Februar, wollten unbedingt Ausstellungsstände ihrer ehemaligen Heimat besichtigen und Lebensmittel oder Spezialitäten aus Russland, der Ukraine, Moldawien, Lettland und dem Kaukasus probieren. Angebote wie Honig, Fischerzeugnisse, Wurst oder Konfekt wurde zur Erinnerung an den Messebesuch mit nach Hause genommen.
Typisch Spätaussiedler?
Amorbach – Die 18-jährige Spätaussiedlerin M. hält die Zeitungsberichte über den Fall für „übertrieben“. Sie kennt den mutmaßlichen russlanddeutschen Täter, der dem Opfer vor der „Russendisko“ in Heilbronn nach einem Streit ein Messer mehrmals in den Rücken gestochen haben soll. Das Opfer kennt sie auch. Wenn ein Deutscher jemanden getötet hätte, „dann wäre nicht gesagt worden, ein Deutscher hat einen Deutschen niedergestochen“, sagt einer von M.s Freunden der «Heilbronner Stimme» am 3. Februar. Jetzt würde es wieder heißen: typische Spätaussiedler, vor allem: typisch junge Spätaussiedler. Gibt es diesen Typ überhaupt, fragt die Zeitung. Als Gruppe fühlten sie sich schon, die russlanddeutschen Besucher vom Amorbacher Jugendtreff in Neckarsulm. Miteinander sprechen sie Russisch, und alle hätten nicht gerade ein entspanntes Verhältnis zur Polizei. „Wir sind anders erzogen“, antworten sie selbst auf die Frage, was sie von Einheimischen unterscheidet. „Die Deutschen sind verweichlicht, und wir können eben nicht so gut Deutsch.“ Bei Schlägereien seien oft auch Alkohol und Drogen im Spiel, wie bei den tödlichen Messerstichen vor der Disko. Einer der jungen Spätaussiedler sieht den Unterschied so: „Ihr trinkt Bier, wir Wodka.“
„Springen müssen die jungen Leute selber“
Ostfildern – Im Juli 2006 erhielt Alex Bajramov wahrscheinlich die Chance seines Lebens – eine Lehrstelle als Kfz-Mechaniker in einer kleinen Firma in Kemnat bei Esslingen. Der 20-jährige Spätaussiedler ist nicht der einzige, der Hilfe bei „Sprungbrett“ fand. Das Projekt in Ostfildern besteht seit zwei Jahren und konnte seither acht jungen Leuten eine Lehrstelle, für weitere fünf einen festen Job und dreien einen Platz auf einer weiterführenden Schule vermitteln. In dem Erfolg spiegelt sich der große Einsatz für Arbeitslose unter 25 Jahren. „Wir geben nur Hilfestellung. Springen müssen die Betroffenen schon selber“, erläuterte Projektleiter Gerhard Bauer vom Kreisjugendring der «Eßlinger Zeitung» vom 30. Januar. Anfangs waren die Klienten von „Sprungbrett“ zu 80 Prozent junge Spätaussiedler. Haupthindernis bei der Suche nach Arbeit sind fehlende Deutschkenntnisse, sagt Bauer. Andere scheiterten an schlechten Umgangsformen oder falscher Selbsteinschätzung. Wer aber bereit ist, sich durchzubeißen, stößt bei „Sprungbrett“ auf ein Netz von Unterstützung leistenden Partnern wie das Jobcenter Esslingen.
50 Prozent bleiben draußen
Alzey – Irgendwann könnte es in Alzey Gegenden geben, in denen nur noch Russisch gesprochen wird, bewohnt von Spätaussiedlern, denen aus unterschiedlichen Gründen die Integration nicht geglückt ist, schreibt die «Allgemeine Zeitung» am 30. Januar. Dass es dafür Anzeichen gibt, zeigen die sozialen Brennpunkte im Nibelungenviertel und den Wohnblöcken am Theodor-Heuss-Ring der Stadt, glaubt Klaus Becker von der Arbeitslosenselbsthilfe (ASH). Die Organisation versucht, so das Blatt, hier die Entwicklung von Parallelgesellschaften zu verhindern. Die 48 Jahre alte ASH-Mitarbeiterin Lydia Schner, die täglich bis zu 25 Aussiedler berät, sieht vor allem Probleme für Jugendliche, die im Alter zwischen 14 und 18 Jahren mit ihren Eltern nach Deutschland kommen. Erwachsene hätten einen Rechtsanspruch auf einen Sprachkurs. Kinder im schulpflichtigen Alter lernten Deutsch in der Schule. Doch alle, die altersmäßig dazwischen liegen und keine weiterführenden Schulen besuchten, gingen leer aus. Schner schätzt, dass sich rund 50 Prozent der Spätaussiedler in die deutsche Gesellschaft einleben werden. Die übrigen 50 Prozent würden wohl außerhalb bleiben.