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18. bis 24. Juni

Eigene Frömmigkeit

Bad Fallingbostel – Im Mai 2005 zog Nadine Karnitz mit ihrem Mann und dem damals dreimonatigen Sohn nach Krasnojarsk. Die 30-Jährige ist dort Pastorin an der lutherischen Kirche, berichtet die «Walsroder Zeitung» am 23. Juni. Am Anfang habe sie sich nur schwer umstellen können auf die neuen Verhältnisse in der sibirischen Millionenstadt. Bis zu minus 40 Grad zeigte das Thermometer im ersten Winter, dazu bezog sie erstmals in ihrem Leben eine Wohnung in einem Plattenbau – „das war ein Schock“. In den ersten zwei Jahren musste sie nicht nur die russische Sprache lernen, schreibt das Blatt, sondern auch die Glaubenssprache der Einheimischen. „Die haben ihre eigene Frömmigkeit“, erzählt Nadine Karnitz während eines Heimaturlaubs im niedersächsischen Bad Fallingbostel. Zu ihrer Gemeinde gehören viele Russlanddeutsche, die das Kirchenlied „Lobet den Herrn“ lieben, auch wenn sie kein Deutsch verstehen. Gottesdienste hält die Pastorin in deutscher Sprache, aber auch zunehmend in Russisch: „Wir wollen ja, dass die Russen auch in die Kirche kommen.“


Museen und Gedenktag

Berlin – Für Sudentendeutsche, Russlanddeutsche und Sorben sollten landesweit Museen eingerichtet werden, forderte der Bund der Vertriebenen (BdV) auf seiner diesjährigen Bundesversammlung Anfang Juni in Berlin. Außerdem setzte er sich für einen nationalen Gedenktag für die Opfer von Vertreibung, Deportation und Zwangsarbeit ein, berichtet die «Siebenbürgische Zeitung» am 22. Juni. „Den Spätaussiedlern gehört unsere ganze Solidarität“, hieß es auf der Versammlung. Aufnahme und Eingliederung der Spätaussiedler seien nach wie vor zentrale Aufgaben der Bundesrepublik Deutschland. Die Bundesregierung sollte sich verstärkt dafür einsetzen, dass im Bewusstsein der Bevölkerung deutlich werde, „dass Spätaussiedler eine vielfältige Bereicherung für unser Land darstellen“.


Aussiedlerwohnheim geschlossen

Pfaffenhofen – Vor drei Jahren zogen die ersten Russlanddeutschen in das Pfaffenhofener Übergangswohnheim für Spätaussiedler. Jetzt wird es geschlossen, schreibt der «Donaukurier» am 19. Juni. Bürgermeister Hans Prechter erinnerte sich beim Abschiedsfest, zu dem die Bewohner des Heims geladen hatten, an die Monate vor dem Einzug der ersten Spätaussiedler. In der Nachbarschaft habe es Ängste und Bedenken gegeben. „Aber es hat sich gezeigt, dass Pfaffenhofen eine große Integrationskraft hat“, meinte Prechter und ermunterte die Aussiedler: „Lernen Sie unsere Sprache“. 182 Russlanddeutsche haben in dem Heim ihre erste Wohnung gefunden, es wurde geheiratet, fünf Kinder kamen hier zur Welt „und wir mussten uns auch von Bewohnern für immer verabschieden“, berichtete Marianne Stolle, die Leiterin des Wohnheims. Die 13 letzten Bewohner suchen nun dringend Wohnungen im Pfaffenhofen. Das Heim wird geschlossen, weil „eine Weiterführung nicht mehr wirtschaftlich“ sei. In den vergangenen Monaten seien kaum noch Spätaussiedler nach Pfaffenhofen gekommen.


Fest der Begegnung

Osthofen – Auch im rheinland-pfälzischen Osthofen schließt die bisher erste Anlaufstelle für Spätaussiedler, das „Landesdurchgangswohnheim“, am 1. Juli ihre Pforten. Schon jetzt steht es fast leer, berichtet die «Wormser Zeitung» am 20. Juni. Zum Abschied feierten die letzten Bewohner zusammen mit der Caritas ein „Fest der Begegnung“ auf den Wiesen neben dem Haus. Eigentlich seien alteingesessene Bürger der Wein- und Sektstadt eingeladen worden, um jenen zu begegnen, die sich in Osthofen und Umgebung neu ansiedeln wollen. Ein „frommer Wunsch“, schreibt das Blatt: Gekommen seien wieder einmal nur solche „Nicht-Migranten“, die ohnehin mit Zuwanderern zu tun hätten. Bis das Wohnheimgelände verkauft ist, müssen das Café Drusja und der Jugendclub des Internationalen Bundes noch nicht schließen. Für viele jungendliche Spätaussiedler ist er ein beliebter Treffpunkt.


Integrationslotsen im Emsland

Emsland – 19 Bürger haben sich bereits gemeldet. Sie wollen mitmachen beim Projekt „Integrationslotsen – Ehrenamtlich für eine gemeinsame Zukunft“, mit dem im niedersächsischen Landkreis Emsland Spätaussiedlern und anderen Zuwanderern geholfen werden soll, sich in der neuen Umgebung zurecht zu finden. Mit 22.160 Personen stellen die Spätaussiedler derzeit die größte Migrantengruppe der Region, doch die Jahre des großen Zustroms seien vorbei, berichtet die «Neue Osnabrücker Zeitung» am 21. Juni. Die Integrationsbemühungen konzentrierten sich nun auf Personen, so Landrat Hermann Bröring bei der Vorstellung des Projekts, die schon eine gewisse Zeit hier lebten. Es müsse alles getan werden, damit die Aussiedler und Ausländer das Emsland als ihre neue Heimat betrachten. In der Vergangenheit seien Aussiedler für den Landkreis „ein bedeutsamer wirtschaftlicher Gewinn“ gewesen.


Integrationsbedarf für 5 Prozent

Regensburg – Seit mehreren Jahren zieht die Wanderausstellung „Volk auf dem Weg. Geschichte und Gegenwart der Deutschen aus Russland“ durch die Bundesrepublik. In diesem Jahr wird sie an insgesamt 200 Schulen in 60 Städten gezeigt, teilte Jakob Fischer, Projektleiter der Wanderausstellung, in Regensburg mit. Im Historischen Museum der Stadt fand eine feierliche Eröffnung der Schau statt, die von der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland gestaltet worden ist. Die Ausstellung zeige das, was die Menschen bewegt, zitiert die «Donau-Post» am 19. Juni die Regensburger Bürgermeisterin Petra Betz. Es sei wichtig, Verständnis für das Schicksal dieser Volksgruppe zu wecken, um deren Integration zu erleichtern. 95 Prozent der Russlanddeutschen seien bereits gut integriert, bei fünf Prozent, vor allem bei den zuletzt gekommenen Spätaussiedlern, herrsche jedoch noch Integrationsbedarf. „Über die 95 Prozent spricht man nicht, nur über die fünf Prozent, die auffallen“, erwiderte Waldemar Eisenbraun, Vorsitzender der Orts- und Kreisgruppe Regensburg der Landsmannschaft, der darin einen Grund für das schlechte Ansehen von Aussiedlern sieht.


Musikverein vor dem Aus

Ratzeburg – „Nach zwei Jahren Aufbauarbeit bei Behörden und Ämtern droht uns nun das Aus“, klagte Peter Lechtenberg, ehrenamtlicher Betreuer des Integrationsprojekts „Musikverein der Aussiedler“ in Ratzeburg. Trotz zahlreicher Auftritte, die fast alle in Kirchen stattfanden, fehle es an Unterstützung in Form von Geld- oder Sachspenden, berichten die «Kieler Nachrichten» am 22. Juni. Auch der Vorsitzende und Musiklehrer Karl Vernegold habe bisher nur wenige Kinder für seinen Musik- und Chorunterricht gewinnen können und müsse demnächst den Übungsraum in einer Kindertagesstätte aufgeben. Nachdem sich die Bürgerstiftung Ratzeburg aus der Betreuung zurückgezogen habe, fehle dem Betreuer Lechtenberg eine entsprechende neue Organisation.


Gewalt gegen Polizisten

Stuttgart – In Baden-Württemberg werden Polizisten nach Angaben des Landesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei immer häufiger Opfer von Gewalt, meldet der Südwestrundfunk in «SWR Online» am 23. Juni. Vor allem jugendliche Spätaussiedler seien besonders gewalttätig. Früher sei mit Fäusten gekämpft worden, heute kämen Waffen und Schlagstöcke gegen Polizisten zum Einsatz. Seit 1996 habe sich die Zahl der Gewalttaten gegen Polizeibeamte fast verdoppelt, zitiert der Nachrichtendienst das baden-württembergische Innenministerium.


Mordanklage

Hannover – Vor dem Landgericht Hannover wird derzeit der Fall eines Mannes verhandelt, der seine Ehefrau mit Benzin übergossen und angesteckt haben soll. Motiv könne gewesen sein, dass die Frau kurz vorher die Scheidung eingereicht hatte, berichtet «Die Welt» am 19. Juni. Der Täter, ein 53-jähriger Spätaussiedler, will sich an die Tat nicht genau erinnern können. Wie er vor Gericht mit Hilfe eines Dolmetschers angab, sei er seiner Frau mit einem Blumenstrauß an eine Bushaltestelle gefolgt, um sich mit ihr zu versöhnen. Warum er auch Benzin, Feuerlöscher und einen Rucksack mit persönlichen Dokumenten bei sich trug, sei ihm unerklärlich. Ein Hubschrauber brachte die schwer verletzte Frau in eine Spezialklinik, wo sie einen Tag später starb. Die 30 Jahre alte Tochter, eines von drei Kindern des Paares, schilderte ihren Vater vor Gericht als einen Mann, der ihre Mutter seit Jahren drangsaliert und bedroht habe. Alkohol habe er nicht getrunken. Die Familie war vor sieben Jahren aus Kasachstan nach Deutschland gekommen, schreibt die Zeitung. Der Angeklagte habe als Agraringenieur keine Arbeit gefunden.

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